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Hier ist Verdammnis die Erlösung

HINTERGRUND / FESTSPIELE / DON GIOVANNI

24/07/24 Richard Strauss' Salome war Romeo Castelluccis Festspieldebüt 2018. 2021 folgte Mozarts Don Giovanni. 2022 brachte er Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Orffs De temporum fine comoedia auf die Bühne der Felsenreitschule. Heuer gibt es eine Wiederaufnahme des Don Giovanni.

Von Heidemarie Klabacher

„Der durchgeknallte erste Teil rundet sich gemeinsam mit dem subtilen – in einem mythologischen und zeitlichen Irgendwo zum Stillstand gekommenen – zweiten Teil zu einem verstörenden Ereignis. Romeo Castellucci, in Personalunion verantwortlich für Regie, Bühne, Kostüme und Licht riskiert Lächerliches, Banales, Unausgegorenes. Das will man ihm um die Ohren knallen. Und zögert auch schon. Zwar fallen Konzertflügel selten von der Decke (und das Festspielhaus wird eh jetzt renoviert). Wenn aber Don Giovanni auf den Trümmern des Instrumentes zum Fest 'aufspielt', bekommt der aufwändige Effekt etwas Endzeitliches.“ Das schrieb DrehPunktKultur nach der Premiere im Jahr 2021.

„Wirklich der aller-aller-größte Teil der Musik ist von Mozart“, ätzte die Rezensentin. „Viele 'Einleitungen' oder 'Vorspiele' scheinen zwar in freier Assoziation von überall her aus der Musikgeschichte eingefangen und herbeizitiert zu werden – führen aber doch immer, wenn auch auf betörend schillernden Umwegen, zurück in die Don Giovanni-Partitur. Die Continuogruppe des musicAeterna Orchestra, allen voran die Hammerflügel-Virtuosin Maria Shabashova, entfaltet mit spielerischer Leichtigkeit und einer gehörigen Portion Mut (man ist immerhin in Salzburg bei den Mozart-Bewahrern) Überwältigendes und Betörendes.“ Am Pult stand Teodor Currentzis. Heuer heißt sein Orchester Utopia Orchestra.

Für die Möglichkeit der Neueinstudierung sei er sehr dankbar sehr dankbar, sagt Romeo Castellucci. Die Gelegenheit, dieselbe Oper – wie auch im Fall der Salome – ein zweites Mal zu inszenieren, habe man nicht allzu oft. „Ganz wie in der Musik Mozarts entdeckt man immer wieder etwas Neues“, sagt er. Don Giovanni sei für ihn wie ein Ozean: „So vielschichtig, dass man ein Leben lang daran arbeiten könne.“

Einige Dinge habe er im Vergleich zu 2021 angepasst und an der Form etwas gefeilt. Besonders groß seien die Unterschiede aber nicht, ein völlig anderer Don Giovanni sei nicht zu erwarten. Parallelen zur gleichfalls von starken Zwängen getriebenen Figur des Jedermann sieht Castellucci nur bedingt: „Gemeinsam sind beiden vielleicht die Elemente von Schuld, Strafe und Erlösung. Don Giovanni aber such die Zerstörung. Er weiß, dass die Verdammnis für ihn Erlösung ist. Sein ‘Nein’ am Schluss macht ihn zu einer modernen Persönlichkeit. Sein ‘Nein’ und seine Verdammnis sind für ihn eine Befreiung, erst dadurch wird er zu einem freien Mann.“

Davide Luciano gab 2021 sein Salzburg-Debüt in der Titelrolle. Auch er kommt wieder. „Mozarts Musik ist visionär und neu.“ Beeindruckend seien die vielen verschiedenen Merkmale. „Die Elemente des Komischen, des Dramatisch-Dunklen, des Übernatürlichen und des Abstrakten – all das passt perfekt zusammen. Die besondere Eigenschaft der Musik besteht darin, sowohl die Bilder auf der Bühne zu evozieren als auch die Emotionen der Menschen anzusprechen. Jeder Takt, jede Phrase ist ehrlich.“

Bereits 2013 sang Luciano die Partie des Leporello. „Dass ich vor elf Jahren den Leporello gesungen habe, ist ein Vorteil. Ich habe die Rolle ganz nah an der Figur des Don Giovanni gelernt. Das hat mir für deren Interpretation geholfen. Ich konnte dadurch neue Facetten entdecken.“ Im Vergleich zu damals habe er eine komplexere Perspektive gewonnen und sei reifer geworden. „Ich konnte seitdem an der Interpretation der Figur feilen und weiter zu deren Kern vordringen. Das wurde auch durch die Zusammenarbeit mit Romeo vereinfacht, da unsere Sichtweisen auf das Werk einander sehr ähneln.“

Über seine Leistung Titelfigur schrieb DrehPunktKultur 2021 ebenfalls „eng“ zusammen mit dem damaligen Leporello: „Vito Priante als Leporello und Davide Luciano als Don Giovanni scheinen, nicht nur optisch im weißen Anzug, zwei Seiten ein und der selben Medaille oder die beiden Ausprägungen einer gespaltenen Persönlichkeit zu sein. Sie sind auch stimmlich einander auf höchstem Niveau ebenbürtig. Der nackte Todeskampf des Don Giovanni ist richtungsweisend für künftige Interpretationen der Hölle.“ Spannend, was sich daran geändert haben wird.

Don Giovanni – Premiere ist am Sonntag (28.7.) im Großen Festspielhaus – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SFS / Leo Neumayr (2); Monika Rittershaus (1)
Zur dkp-Besprechung aus 2021
In der Hölle ist es weiß

 

 

 

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