Vom „Rauchfangkehrer“ zum „Neger“
GEDENKJAHR / ANTONIO SALIERI
23/04/25 Glück oder Unglück? Die hübsche Legende, dass Antonio Salieri seinen „Konkurrenten“ Mozart vergiftet habe, hat immerhin mit sich gebracht, dass sein Name nie wirklich vergessen wurde. – Am 7. Mai ist es so weit, da jährt sich der Todestag von Antonio Salieri zum 200. Mal.
Von Reinhard Kriechbaum
Im Salzburger Landestheater hat am kommenden Samstag (26.4.) Salieris Oper Die verdrehte Welt – Il mondo alla rovescia Premiere. Dieses dramma giocoso ist 1795 entstanden, acht Jahre nach Mozarts Don Giovanni. Lässt dieser (freilich werfolglos und mit bösem Ende) den Macho raushängen, steht die Welt bei Salieri Kopf: Da haben nämlich die Frauen das Sagen.
Ist dieses Stück, das man im Landestheater nun aus der Versenkung holt, womöglich ein Gegenentwurf zur patriarchal ausgerichteten Welt des Don Giovanni? Dem geht man am Freitag (25.4.) in den Kammerspielen in einem Salieri-Symposion nach, eben mit besonderem Blick auf diese Oper. Da referieren unter anderem Salieri-Forscher Timo Jouko Hermann, der Dirigent und Universitätsprofessor Christoph U. Meier, Anja Morgenstern von der Stiftung Mozarteum, der Musikwissenschaftler Bernardo Ticci, der die kritische Edition dieser Oper hergestellt hat, und das Team der Salzburger Produktion. Weiblichkeits- und Männlichkeitsbilder auf der Bühne werden ebenso angesprochen wie Salieris Verhältnis zur Familie Mozart. Und natürlich auch die Arbeit an der Neuedition der Oper.
In Wien gibt es ein Salieri-Festival, sinnigerweise veranstaltet im Umkreis der Hofmusikkapelle. Salieri war ja Hofkapellmeister (und schon insofern hätte er keinen Grund gehabt, Mozart zu vergiften: Er war viel erfolgreicher als der aus Salzburg „zugereiste“ Kollege). In Wien geht es ebenfalls an diesem Wochenende los, mit einer Aufführung der 1788 entstandenen Messe in D-Dur, der sogenannten Hofkapellmeistermesse von Salieri, musiziert von der Wiener Hofmusikkapelle, bestehend aus den Wiener Sängerknaben sowie Mitgliedern des Herrenchors und des Orchesters der Wiener Staatsoper.
Antonio Salieri wurde 1750 in Legnago (damals zur Republik Venedig gehörig) in eine wohlhabende Kaufmannsfamilie hineingeboren. Schon früh lernte er Violine, Cembalo und Gesang bei seinem Bruder Francesco, der seinerseits von Giuseppe Tartini unterrichtet wurde, sowie beim Domorganisten von Legnago, Giuseppe Simoni, der ein Schüler des Padre Giovanni Battista Martini gewesen war. Nach dem frühen Tod seiner Eltern ging Salieri nach Padua, später nach Venedig.
1766 traf Salieri dort auf Florian Leopold Gassmann, der ihn einlud, mit ihm an den kaiserlichen Hof nach Wien zu kommen, und ihn in Komposition unterrichtete. Bei den Kammermusiken Kaiser Josephs II. eingeführt, lernte Salieri 1767 den Dichter Pietro Metastasio kennen, der ihn in der Deklamation schulte, und 1769 Christoph Willibald Gluck, der ihm Zeit seines Lebens ein Gönner und Freund war. Eine tolle Lehrer-Liste in Summe.
Salieri blieb für den Rest seines Lebens hauptsächlich in Wien, machte sich aber auch international rasch einen Namen. Nach Gassmanns Tod 1774 wurde Salieri kaiserlicher Kammerkomponist und Kapellmeister der italienischen Oper. Nachdem diese 1776 zugunsten des vom Kaiser protegierten Deutschen Nationalsingspiels geschlossen worden war, nutzte Salieri die Gelegenheit zu einer längeren Italienreise und machte sich mit großem Erfolg in Mailand, Venedig, Rom und Neapel bekannt. 1780 kehrte er schließlich nach Wien zurück, wo er 1781 mit dem Rauchfangkehrer seinen eigenen Beitrag zum deutschen Singspiel beisteuerte. Nach München und Paris führten weitere Reisen. 1788 wurde Salieri als Nachfolger von Giuseppe Bonno zum Kapellmeister der kaiserlichen Hofmusikkapelle ernannt. Das blieb er bis 1824. Eine nette Zimelie: 1789 begann Salieri mit der Komposition von Da Pontes Libretto zu Così fan tutte, legte das Libretto aber beiseite, worauf es von Mozart vertont wurde.
Seinen Abschied als Opernkomponist (von rund vierzig Werken) nahm Salieri 1804 mit einer Oper, die damals eher kühl aufgenommen wurde und ob ihres Titel wohl auch heutzutage wenig Chancen auf der Bühne hätte: Die Neger. Danach widmete sich der zunehmend kränkelnde Komponist beinahe ausschließlich der Kirchenmusik.
Salieri war neben seinen höfischen Verpflichtungen vielfältig engagiert, etwa als Präsident und Vizepräsident der Tonkünstler-Societät, deren Konzerte er noch bis 1818 leitete. Ab 1817 war er Oberleiter der Wiener Singschule und saß 1823 im Gründungskomitee des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde. Dadurch erwarb er sich bleibende Verdienste auch für das bürgerliche Musikleben in Wien.
Es war kaum möglich damals, mit Salieri nicht in Berührung zu kommen. Den Zeitgenossen galt Salieri als kollegial und hilfsbereit. Als Erfolgreicher hatte er es nicht nötig, zu eifersüchteln. Schon gar nicht Mozart zu vergiften. Salieri spielte den Continuopart bei der Uraufführung von Haydns Schöpfung und er hob Louis Spohrs einst hochberühmtes Oratorium Das jüngste Gericht aus der Taufe) zusammen. Seine illustre Schülerliste: Ludwig van Beethoven, Carl Czerny, Johann Nepomuk Hummel, Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer, Ignaz Moscheles, Franz Schubert, Simon Sechter, Franz Xaver Süßmayr Franz Xaver Mozart. Er war auch gefragter Gesangslehrer, bei ihm lernte Catarina Cavalieri (die erste Constanze in der Entführung aus dem Serail) und Anna Milder-Hauptmann (die erste Leonore im Fidelio).
Beim Wiener Salieri-Festival wird an seinem 200. Todestag, dem 7. Mai, in der Hofburgkapelle das Requiem in c-Moll aufgeführt, das Salieri für sein eigenes Begräbnis geschrieben hat. Und am 17. Mai dirigiert sogar Riccardo Muti, er stellt im Musikverein Salieris Hofkapellmeistermesse Mozarts Jupiter Sinfonie zur Seite. Höchste Ebene also.
Das Salieri-Symposion in den Kammerspielen des Salzburger Landestheaters am 25.4. und Premiere der Oper „Die verdrehte Welt – Il mondo alla rovescia“ am 26.4., Aufführungen bis 27.5. – www.salzburger-landestheater.at
Salieri Festival (27. 4– 21.5.) und das ganzjährige Programm von SALIERI 2025 in Wien – www.salieri2025.at
Das Konzert am 17.4 unter Riccardo Muti – www.musikverein.at
Bilder: Salieri-Festival / Österreichische Nationalbibliothek (2); Lukas Beck (1)