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Ideen, wie Musik aussehen kann

IM PORTRÄT / HERBERT GANTSCHACHER

18/01/17 Um ARBOS und den Regisseur Herbert Gantschacher ist es in Salzburg sehr ruhig geworden. In den 1990er Jahren lag hier einer der Arbeitsschwerpunkte dieser Gesellschaft für Musik und Theater, die als erste am Ort inklusive Theaterprojekte mit Gehörlosen durchgeführt hat.

Auch um die Musik von Komponisten, die in Theresienstadt und Auschwitz im KZ saßen und dort umkamen, haben sich Herbert Gantschacher und seine Mitstreiter in Salzburg als erste verdient gemacht. Erinnert sei an die Aufführungen von Viktor Ullmanns Oper "Der Kaiser von Atlantis" im Verdampferturm der Saline Hallein. Gemeinsam mit den überlebenden Künstlern aus dem Konzentrationslager Theresienstadt, dem Sänger Karel Berman, dem ersten Tod-Darsteller der Theresienstädter Proben, Paul Kling, dem Konzertmeister des dortigen Kammerorchesters und dem Musiker Herbert Thomas Mandl (er war Sekretär der Jüdischen Selbstverwaltung im Konzentrationslager Theresienstadt) hat damals der Musikwissenschaftler Ingo Schultz für ARBOS die Originalfassung von Ullmanns Oper wiederhergestellt. Auch die Kinderoper "Brundibár" von Hans Krása hat Herbert Gantschacher zur Österreichischen Erstaufführung gebracht.

Vor 25 Jahren also begann mit dem ersten szenischen Konzert „Ein Schweigen voller Klänge“ die künstlerische Arbeit von ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater. Diese szenischen Konzerte sind eine künstlerische Erfindung des künstlerischen Leiters von ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater, Herbert Gantschacher. Und zudem verband Gantschacher die Gebärdensprache als visuelle Musik mit der neuen Musik von fünf österreichischen Komponisten. Und dabei spielte Salzburg, Salzburger Komponisten, das Salzburger Künstlerhaus eine wesentliche Rolle.

Die Szenischen Konzerte von ARBOS sind unter anderem vom Komponisten und Dirigenten Wolfgang Danzmayr gemeinsam mit dem „ensemble kreativ“ aufgebaut worden. Erinnert sei auch an die Aufführung von „kreuzweg“ unter der musikalischen Leitung von Peter Ewaldt mit dem Tenor Josef Köstlinger und dem Akkordeonisten Klaus Paier in der Ausstattung der Kostümbildnerin und Puppenmacherin Burgis Paier. Auch sie hat mit ihren Kostümen und Puppen den künstlerischen Stil von ARBOS entscheidend mitgeprägt. Peter Ewaldt leitete auch das Szenische Konzert „Endlich wächst in mir die Stille“, in dessen Focus Kompositionen von Arvo Pärt standen.

Um außergewöhnliche Spielorte war Herbert Gantschacher nie verlegen: Mit der Oper „Kar – Musiktheater für den Berg“ von Herbert Lauermann (Musik) und dem Salzburger Dramaturgen Christian Fuchs (Libretto) ging er aufs Reißeck in 2300 Meter Seehöhe in eine Staumauer-Kaverne. „Different Trains“ bot Musiktheater im fahrenden Zug durch Europas Bahnhöfe in Belgien, Deutschland, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich. Dazu steuerte Werner Raditschnig eine Oper bei. Höchst produktiv war die langjährige Zusammenarbeit mit dem bosnischen Schriftsteller Dževad Karahasan.

Gemäß dem künstlerischen Konzept versteht sich ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater als Verein zur Förderung des Neuen Musiktheaters, von Szenischen Konzerten, des Theaters der Jugend, Gehörlosentheater, Inszenierten Räumen, Theatralischen Ausstellungen sowie Formen grenzüberschreitender Kunst. "Dieses künstlerische Konzept wird seit nunmehr 25 Jahren umgesetzt", erklärt Herbert Gantschacher. "Mit Opernproduktionen, der Inszenierung von neuen Formen des Dramas und der Förderung von Projekten mit neuer Musik durch die Erfindung der Szenischen Konzerte, der Inklusion von gehörlosen Künstlerinnen und Künstlern seit 1992 und seit 2009 auch von Taubblinden in künstlerischer Produktion, der Inszenierung von Räumen auf sprechenden Plätzen, der Recherche und wissenschaftlichen Erforschung von bedeutenden vergessenen und verborgenen historischen Ereignissen (Hidden History) und deren Präsentation in Ausstellungen."

Die Inszenierungen, Produktionen und Projekte haben über die engen Grenzen Österreichs hinaus Anerkennung und Wertschätzung in Europa und weltweit erhalten. "Somit ist ARBOS auch zum bedeutendsten Kunst- und Kulturprojekt der letzten 25 Jahre aus Kärnten geworden, das es auf alle fünf Kontinente der Welt geschafft hat."

Die Bilanz nach einem Vierteljahrhundert nennt 154 Produktionen (davon 101 Uraufführungen und 45 Erstaufführungen), 28 Produktionen für den Hörfunk, 17 Fernsehfilme, 36 Filme und DVDs, 15 Audio-CDs, ein Hörspiel und fünf Radiofeatures. Es wurden 103 Kompositionsaufträge und 31 Stückaufträge vergeben und man erreicht rund 400.000 Zuschauer. (ARBOS/dpk-krie)

Das nächste Projekt – heute Mittwoch (18.1.) in Villach – heißt „Onafhankelijkheid“ und kreist um den Dadaismus. Unter anderem mit einer Uraufführung eines Werks von Viktor Ullmann. – www.arbos.at

Bilder: ARBOS

 

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