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So jung sind der altersweise Verdi und Zubin Mehta

REST DER WELT / WIEN / FALSTAFF

06/12/16 Schon bevor überhaupt ein Takt erklungen war, gab es am Sonntagabend Bravos für Zubin Mehta, der nach 2014 in Salzburg nun an der Wiener Staatsoper seinen nächsten „Falstaff“ dirigiert. Und wieder sitzen die Philharmoniker, pardon das Staatsopernorchester, im Graben und lesen dem nimmermüden Maestro jeden Wunsch von den Lippen ab.

Von Oliver Schneider

In Topform krönt Zubin Mehta in seinem runden Geburtstagsjahr damit die besonders enge Zusammenarbeit. Mag Mehta sonst eher der Mann für die großen Bögen, das Effektvolle sein, so beweist er gerade bei seinem Wiener „Falstaff“, dass er auch das Kleinteilige wunderbar modellieren kann, ihm Details genauso wichtig wie das Ganze sind und er die rasch wechselnden Farben und Schattierungen in der Partitur mühelos herausarbeiten kann. Verdis Alterswerk versprüht im der Lesart des achtzigjährigen Dirigenten die nötige Frische und Agilität. Genau das, was nötig ist, damit die lustigen Weiber von Windsor den schlitzohrigen, abgetakelten Frauenhelden und Gauner Falstaff rund zweieinhalb Stunden lang an der Nase herumführen können. Dass die Musikerinnen und Musiker mit dem geschätzten Maestro ein Herz und eine Seele bilden, ist selbstverständlich bei so viel Prägnanz in der Artikulation und Aufmerksamkeit, mit der sie diesen Falstaff spielen.

Maestro Mehta hat sich eine Neuinszenierung „im Stil der originalen Falstaff-Zeit gewünscht“. Dem Wunsch kommt die Staatsoper nach mit der Wahl des schottischen Regisseurs David McVicar. Dem Libretto getreu lässt McVicar die drei Akte im mehr einer Scheune als einem Wirtshaus ähnelnden Gasthof Zum Hosenband, im bürgerlichen Hause Ford und im Park von Windsor mit der knorrigen Eiche und dem Vollmond spielen (Bühne: Charles Edwards). Alles so, wie es Arrigo Boito nach Shakespeare vorgegeben hat. Da dürfen sich auch die Protagonisten nach Herzenslust einbringen und ihrer Spielfreude freien Laufe lassen, was ihnen unterschiedlich gut gelingt.

Doch was unterscheidet diese Neuproduktion überhaupt von der letzten von Marco Arturo Marelli, die – für Wiener Verhältnisse im jugendlichen Alter – bereits nach 13 Jahren ausgemustert wurde? Eigentlich nicht viel, und das ist, mit Verlaub, für eine Neuinszenierung auch an einem Repertoirehaus zu wenig.

Dem Haus Angemessenes gibt es von den Protagonisten zu berichten. Auch in Wien steht Ambrogio Maestri, weltweit der Falstaff vom Dienst, auf der Bühne und bemüht sich, der Partie auch in der 250. Vorstellung noch neue Fassetten abzugewinnen. Bühnenautorität und Statur bringt er selbstverständlich mit, und stimmlich bleibt er dem alten Schwerenöter ohnehin nichts schuldig. Aber irgendwie hatte man am Sonntag den Eindruck, dass der Abend für Maestri mehr Routine als Premiere war. Es gab schon Abende, an denen er stärker in den gehörnten Ritter geschlüpft ist. Ludovic Tézier ist ein sonorer, kultivierter Ford, dem man aber nicht so recht abnehmen will, dass er vor Eifersucht rast, wenn es um seine Frau Alice geht. Paolo Fanale singt einen ansprechenden, darstellerisch (noch) zu blassen Fenton. Stimmlich hervorragend ist Ensemblemitglied Thomas Ebenstein als kauziger Dr. Cajus, der sich am Ende statt mit Fords Tochter Nannetta mit Falstaffs Diener Bardolfo „verheiratet“ sieht. Herwig Pecoraro legt sein ganzes komisches Talent in die Waagschale, während Riccardo Fassi als noch junger Pistola vor allem mit seinem schönen Timbre auf sich aufmerksam macht.

Ordentlich besetzt ist das Damenquartett: Die an die junge Barbara Frittoli erinnernde Carmen Giannattasio gibt ihr Hausdebüt als Drahtzieherin Alice Ford, Hila Fahima eine zwar attraktive, aber unscheinbare Nannetta. Marie-Nicole Lemieux überzeugt als Botschafterin der Weiber von Windsor deutlich mehr als in anderen Partien, und Lilly Jørstad ist die quirlige Meg Page. Martin Schebesta besorgte die Einstudierung des Staatsopernchors.

Der insgesamt kurzweilige, alles in allem runde Premierenabend war so richtig nach dem Geschmack des Publikums, so dass alle Beteiligten abgestuft Applaus und Jubel entgegennehmen durften.

Weitere Vorstellungen am 7., 9., 12. und 15. Dezember. Rundfunkübertragung am 10.12., 19.30 Uhr auf Ö1, Livestream am 12.12. auf www.staatsoperlive.comwww.wiener-staatsoper.at
Bilder: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

 

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