Da zünd' ich eine kleine Zigarette an
REST DER WELT / GRAZ / SUSANNENS GEHEIMNIS
07/12/16 Er spielt nicht, trinkt nicht, raucht nicht, von Frauengeschichten gar nicht erst zu reden: So einer ist Susannas Mann. Ein durch und durch unguter Mensch also, der sich gerne zum Moralapostel aufspielt und Susanna ordentlich einheizt.
Von Reinhard Kriechbaum
Er hat nämlich einen Verdacht: Leichter Tabaksgeruch könne doch nur darauf hindeuten, dass es Susanna in seiner Abwesenheit mit einem Liebhaber treibt.
Die Grazer Oper und die dortige Musikuniversität haben ein hübsches Projekt gestartet: „Opernkurzgenuss“. Vier Operneinakter stehen in dieser Spielzeit auf dem Programm. Den Auftakt macht nun „Susannens Geheimnis“ von dem Venezianer Ermanno Wolf-Ferrari (1876-1948). In der Musikgeschichte eh schon mal gelesen davon...
Ein nettes Setting auf der Studiobühne des Opernhauses: Das Publikum sitzt an Tischen und braucht nicht im Trockenen zu sitzen, die junge Regisseurin Juana Inés Cano Restrepo hat die Geschichte aus einem Bürger-Salon in eine Bar verlegt – eine Nichtraucher-Bar wohlgemerkt. Susanna, die Ehefrau des Besitzers, muss da schon aufs WC gehen, um ihrem „Laster“ zu frönen. Die stressberuhigende Zigarette ist's nämlich, und keineswegs ein geheimer Liebhaber. Nach 55 Minuten voller Eifersuchtsanfälle und nicht minder heftiger Beschwichtigungen wird die Sache aufgeklärt. Der Ehemann ist erleichtert – und greift selbst zur Zigarette.
Das ist mit lockerer Hand und vielen liebenswerten kleinen Einfällen auf die Bühne, pardon an den Tresen gebracht. Die Musik Wolf-Ferraris ist ein netter Mix irgendwo zwischen Puccini und Neoklassizismus, pfiffig und äußerst sängerfreundlich. Die Musikuniversität stellt das Kammerorchester (Leitung: Marcus Merkel), die Grazer Oper aus ihrem Ensemble die Sänger. Tatjana Miyus, eine Sopranistin aus der Ukraine, ist die treuherzige Susanne, die sich vort jedem WC-Rauchgang in Plastik hüllt, als stehe ein größerer chriurgischer Eingriff bevor. Ivan Oreščanin ist der rasend eifersüchtige Gil, der sich zwischendurch aber doch immer auch sehr gerne besänftigen lässt. Ein stummer Diener sorgt für szenische Lockerung, und zuletzt kommt sogar eine Tänzerin. „La cigarette“ wird zur allegorischen Figur und Siegerin des Geplänkels.
Weiteren „Opernkurzgenuss“ in dieser Saison bietet Monteverdis „Il combattimento di Tancredi e Clorinda“ (ab 11. März) und „Das Telefon“ von Gian-Carlo Menotti (ab 17. Juni). Der vierte Termin ist ein Musik-Pasticcio und heißt „Hotel Elefant“: In diesem besseren Grazer Etablissement stiegen Berg, Mahler, Schönberg, Puccini und Zemlinski ab, weil sie sich die österreichische Erstaufführung der Strauss'schen „Salome“ eben in Graz nicht entgehen lassen wollten.