Wiener Lied auf Schweizer Berg
SCHWEIZ / VIERWALDSTÄTTER SEE / BÜRGENSTOCK WINTERFESTIVAL
17/02/16 Auf dem „Bürgenstock“ hoch über dem Vierwaldstätter See ist am Sonntag (14.2.) das vierte „Bürgenstock Winterfestival“ zu Ende gegangen. Wie bei der Mozartwoche in Salzburg waren Vilde Frang, Nils Mönkemeyer oder Nicolas Altstaedt zu Gast. Künstlerische Leiter des Festivals sind José Gallardo und der Wiener Phiharmoniker Andreas Ottensamer.
Von Oliver Schneider
Die Berghalbinsel „Bürgenstock“ war schon im 19. Jahrhundert ein beliebtes Ziel für die Sommerfrische. Der „Bürgenstock“, einer der imposantesten Aussichtsberge der Schweiz, erhebt sich neunhundert Meter über den Vierwaldstätter See. Wanderwege zwischen Bauernhöfen und verschlafenen Dörfern, ein Golfplatz und Grandhotels: Das noble Bürgenstock Resort wird zurzeit aufwändig renoviert. Die nicht weniger schön gelegene Villa Honegg auf der anderen Bergseite - mit Blick auf die Innerschweizer Alpen - erstrahlt seit 2011 wieder in historisch-modernisiertem Glanz.
Dort hat die die Unternehmerfamilie Frey 2012 eine Stiftung gegründet, um die kulturelle Tradition des Berges wieder zu beleben. Seit 2013 gibt es jährlich Kurzfestivals und einzelne Konzerte namhafter Musikerinnen und Musiker. Von Anfang an dabei waren der Klarinettist Andreas Ottensamer und der Pianist José Gallardo – die künstlerischen Leiter des Bürgenstock Festivals.
Das Winterfestival 2016 unter dem Motto „Wien, Wien, nur Du allein“ ist am Sonntag (14.2.) bei leider unwinterlichen Temperaturen zu Ende gegangen. Mit Schnee strahlen Bürgenstock und Villa Honegg einen verwunschenen Charme aus.
Die Kammerkonzerte finden im größten Saal des Hauses statt, der zwar keine ideale Akustik bietet, dafür ideal für Musik unter Freunden ist. Diese kamen am Samstag (13.2.) zahlreich zum Konzert der „Clarinotts“, beinahe einem Familientreffen: „Vater Ernst Ottensamer ist Solo-Klarinettist der Wiener Philharmoniker, Sohn Daniel ebenso und Andreas spielt in derselben Position bei dem Berliner Konkurrenzverein. Gemeinsam bilden sie das Ensemble The Clarinotts“, heißt es im Programmheft. Sie musizierten zusammen mit der Sopranistin Romana Amerling und dem Pianisten Christoph Traxler.
Nicht von ungefähr lautete das Motto diesmal „Wien, Wien, nur du allein …“ Die jüngste CD der Ottensamers ist in Zusammenarbeit mit dem Bürgenstock Festival entstanden. Die meisten der auf dem Bürgenstock gespielten Werke – Bearbeitungen von den Clarinotts für sich selbst – sind von der CD. Dort leider nicht enthalten sind Fiordilligis Rondo „Come scoglio“ aus Mozarts „Così“ und Constanzes „Martern“-Arie aus der „Entführung“. Live machten die drei Ottensamers vergessen, dass die Arien eigentlich von Sopranen gesungen und einem Orchester begleitet werden.
Selbstverständlich durfte auch das Namen gebende Lied für das Festivalmotto nicht fehlen. Romana Amerling, die Frau von Daniel Ottensamer, sang es einfühlsam begleitet von Christoph Traxler. Neben weiteren Wiener Liedern gestaltete sie auch das Vilja-Lied mit berückenden Piani. Weniger klassisch ging es mit Werken von Luiz Bonfá und Bela Koreny weiter, dem Publikum zum Gefallen. Dennoch bildete dieses Programm eine Ausnahme: In den übrigen Konzerten ging es klassisch-ernsthaft zu.
Für Andreas Ottensamer und José Gallardo ist es wichtig, nicht einfach Konzerte zu veranstalten: „Für uns kam von Anfang an nur ein Festival mit Atmosphäre in Frage. Die regelmäßig kommenden Besucher sind für uns Freunde, mit denen wir auch vor und nach dem Konzert zusammen sein wollen.“ Geprobt wird offen, manchmal gibt es spontane Jamsessions quer durch die Repertoires. „Der Luxus auf dem Bürgenstock ist die Flexibilität“, erklärte Andreas Ottensamer. Wie sich das Bürgenstock Festival weiter entwickeln wird, bleibt abzuwarten. „Der Berg befindet sich im Wandel. Wir müssen schauen, was das für uns bedeutet.“ Für das Engagement von Menschen wie der Familie Frey muss man auf jeden Fall dankbar sein, denn so sind große Künstler nicht nur in den großen Musikzentren präsent. Und das ganz ohne öffentliche Mittel.