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Der (z)weite Weg nach Triest

HINTERGRUND / SCHWARZACH / MUSEUM TAUERNBAHN

05/05/23 Die Tauernbahn ist derzeit deshalb in den Schlagzeilen, weil dort eben gerade keine Züge fahren. Bis 17. Mai ist der Böcksteintunnel ja noch gesperrt. In Schwarzach bietet sich ein Blick in die Geschichte dieser Bahnlinie – auch im Format eins zu siebenundzwanzig.

Von Reinhard Kriechbaum

Für Leute, die gerne ihr Wissen zur Schau stellen: 79 km ist die Tauernbahn lang, gemessen von den Bahnhöfen Schwarzach-St-Veit und Spittal am Millstättersee. Man glaubt's ja nicht angesichts der hohen Berge, aber die Streckenneigung beträgt maximal 25 Promille. Es war also am Anfang des 20. Jahrhunderts beachtliches Gespür nötig, um die Schienen so gefinkelt so flach zu legen. Der Tunnel selbst ist 8371 Meter lang.

1905 wurde der erste Teilabschnitt der Tauernbahn von Schwarzach bis Bad Gastein in Betrieb genommen. Vier Jahre später, 1909, war mit dem mehr als acht Kilometer langen Tauerntunnel der Weg bis Kärnten frei. „Der Verkehrsweg verbindet regional das Gasteiner- mit dem Mölltal, bietet aber auch einen Weg von Deutschland bis nach Italien zum Hafen in Triest und von dort in das Mittelmeer und über den Suezkanal in die Welt“, betont Michael Köstinger die Bedeutung der Tauernbahnstrecke. Er ist der Obmann jenes Vereins, der seit 2009 – dem Hundert-Jahre-Jubiläum der Tauernbahn – in einer ehemaligen Remise am Bahnhof von Schwarzach ein Spezialmuseum betreibt. Es ist dieser wichtigen Schienenverbindung vom Norden in den Süden gewidmet. Dasw älteste Eisenbahnmuseum im Bundesland übrigens.

Der Bau der Tauernbahn ist mit dem Namen Carl Wurmb verbunden. Er, dessen Denkmal schräg gegenüber dem Mozarteum an der Sxchwarzstraße steht, war nicht nur beim Bau dieser Strecke federführend. Er leitete auch den Bau der Murtalbahn von der Steiermark in den Lungau.

Michael Köstinger über die Tauernbahnstrecke: „Es geht um das Bezwingen der Berge, konkret der Hohen Tauern. Die Strecke verläuft sehr geradlinig, von Schwarzach über das Gasteinertal durch den Tauerntunnel das Mölltal hinunter bis nach Spittal und zum Millstättersee. Die Region ist von kurzen Sommern und langen Wintern geprägt, von Steinschlag und Wasserereignissen. Den Verkehrsweg offenzuhalten ist eine Herausforderung, das war immer so.“

Köstinger greift für den Betrieb des Museums auf ein Team von rund 20 bis 40 Personen als Grundstock zurück: „Die Mitarbeiter sind die Seele. Das gilt prinzipiell überall, aber hier reden wir von Ehrenamt. Sie investieren unzählige Stunden und auch mit Ehrenamt sind Pflichten verbunden, vor allem wenn es um die Öffnungszeiten des Museums geht.“

Im Erdgeschoss des Gebäudes eine Dauerausstellung mit dem Titel „Die Tauernbahn – Der (z)weite Weg nach Trieste“. Diese Schaustücke sind natürlich interessant, aber so rechte Begeisterung nicht nur bei jugendlichen Besuchern weckt die Modellbahnanlage im Oberstock. Hans Holleis ist Modellbauer im Museum Tauernbahn. Unglaubliche zweitausend Stunden seiner Freizeit investiert er in die Modellanlage. Sie zeigt die Situation in den 1960er- und 1970er-Jahren, als die Strecke noch eingleisig war.

Schienen und Weichenfür die U-förmige Anlage kommen von der Firma Roco. Die Spurbreite H0 entspricht einem Maßstab 1:87. Aus Platzgründen wurden natürlich nur wichtige Punkte der Tauernbahn nachgebaut, speziell die Bahnhöfe Angertal und Mühldorf-Möllbrücke. Die Streckenabschnitte werden durch diverse Viadukte und Brücken ergänzt, etwa die Angerschluchtbrücke oder das Dössenbachviadukt. Wo sind eigentlich jene Züge, die gerade nicht unterwegs sind? „Unterirdisch“ dienen vier „Schattenbahnhöfe“ als Abstellplätze für 47 Züge.

„Für viele Modelle, zum Beispiel Gebäude entlang der Strecke, gab es keine Pläne der Originale, wir mussten auf historische Fotos zurückgreifen“, erzählt Holleis. Die Anlage nennt er sein „eigenes Paradies“. Der Detailreichtum ist überwältigend: Neben auch innen eingerichteten Bauernhöfen verkehren die Züge der Modelleisenbahn nach einem eigenen Fahrplan – ganz so, wie sie früher gefahren sind. Da sind also der „Tauernexpress“, der „Austria Express“ oder der „Blaue Enzian“ unterwegs...

Um all das zeigen und vorführen zu können, war erst mal angesagt, Material zu sammeln. Schriftstücke, Pläne, natürlich auch alte Fotografien und Exponate fürs künftige Museum. Damit hat man schon 1993 begonnen. Das ist jetzt alles in Kartons sorgfältig sortiert, auch Utensilien von Eisenbahnern aus dem ganzen Land. Für dieses Archiv wurden mit finanzieller EU-Unterstützung 2017/18 eigene Räumlichkeiten adaptiert.

„Besonders wertvoll sind die Figuren. Sie stehen nicht zufällig da und haben alle einen Sinn. Sie bewegen sich sogar, wenn der Zug vorbeifährt“, so der Modellbauer. „Die ganz kleinen Details sind das Wichtigste und es ist eine besondere Freude, wenn Frauen ins Museum kommen: Sie entdecken solche Dinge.“ Die Männer nicht, „die sehen nur die Züge“, schmunzelt Hans Holleis

Es muss recht zugegangen sein in den Jahren, als die Tauernbahn gebaut wurde. Waren beim Bau der gesamten Alpenbahnen bis zu 70.000 Menschen gleichzeitig beschäftigt, so wuchs auch die Zahl der Bahnbauarbeiter allein im Bundesland Salzburg auf über viertausend. Dazu kamen noch die Angehörigen der Arbeiter. Durch den Bau der Tauernbahn änderte sich das Bild von Schwarzach bis Bad Gastein von einem Tag auf den anderen.

Das Museum Tauernbahn wird am 14. Mai bei freiem Eintritt seine Türen öffnen, so wie viele andere Museen in Stadt und Land anlässlich des Museumswochenendes – www.museum-tauernbahn.atwww.museumswochenende.at
Bilder: Land Salzburg/Sophie Huber-Lachner (1); Filmstills (2); Museum Tauernbahn (3)

 

 

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