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Höchstens ein paar Bässe rauchen

HINTERGRUND / INTERNATIONAL VOICE SYMPOSIUM

25/08/16 Die Bäuerin mit Stimmlähmung aus dem Flachgau. Die Star-Sopranistin mit Heiserkeit am Premierenmorgen: „Zwischen den beiden Patientinnen gibt es keinen Unterschied, dürfen wir keinen Unterschied machen.“ Josef Schlömicher-Thier, der „Hausarzt“ der Salzburger Festspiele, ist ein international vernetzter und anerkannter Stimm-Experte.

Von Heidemarie Klabacher

Schlömicher-Thier hat eine HNO-Praxis im Flachgau - und er hat eine Vision: „Wir benötigen die Kunst in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.“ Also auch in der Medizin. Beim „Terrassentalk“ am Donnerstag (25.8.) verglich Schlömicher-Thier immer wieder Sport- und Kunst-Medizin: „Hochleistungssänger, einige Bässe ausgenommen, rauchen nicht. Sie absolvieren ein regelmäßiges Sport und Gesundheitsprogramm und sie halten bewusst Diät. Ein Tenor der am Abend Premiere hat, isst zu Mittag keine Pizza.“ Je „fitter“ Sängerinnen und Sänger körperlich seien, umso besser hielten sie auch die physischen und die psychischen Strapazen ihres Berufes aus. Das geht bis in die Stimmritzen: „Leute mit starker mentaler Kraft können auch Stimmprobleme besser übersetzen.“ Er kenne Sänger, die eine Veränderung an den Stimmlippen „mit Technik kompensieren“.

„Professionelle Sänger sind Menschen mit einer außergewöhnlichen Begabung, die Vorbilder für andere sein können. Wie Sportstars die Hobbysportler, können Spitzenkünstler Laienschauspieler und Chorsänger motivieren – zur eigenen künstlerischen Tätigkeit, aber auch zu einer vernünftigen Lebensweise. Doch dazu benötigen sie eine kompetente und emphatische medizinische Betreuung.“ Der HNO-Arzt Schlömicher-Thier schaut, so erklärt er, seinen Patientinnen und Patienten – ob Bäuerin oder Star-Sopranistin – dazu nicht nur in den Hals. Er schaut, im Wortsinn, auf den ganzen Menschen.

Vor zwanzig Jahren ist Josef Schlömicher-Thier von Graz nach Salzburg übersiedelt. Damals gab es keine Medizinische Universität, so habe er sein eigenes Institut gegründet, „das sich um Menschen mit Stimmberufen kümmert - das „Austrian Voice Institut“. Inzwischen hat die Initiative Kreise in alle Welt zu Vertretern unterschiedlichster medizinischer Fachgebiete gezogen. Bereits zum zwölften Mal findet von Freitag (26.8.) bis Sonntag (28.8.) das „International Voice Symposium Salzburg“ statt, zu dem Expertinnen und Experten aus aller Welt zusammenkommen. Wenn Josef Schlömicher-Thier sagt, die Tagungs-Themen kreisen „rund um den Kehlkopf“, dann heißt das konkret, dass etwa auch Internisten dabei sein werden: „Die Speiseröhre ist genauso wichtig für die Stimm-Physiologie, wie etwa der Magensäure-Gehalt oder die Magenklappen“. Ein Stimmarzt muss sich also mit dem Internisten über Magensäure und Reflux-Probleme austauschen: „Das sehe ich als meine Aufgabe: die gelebte Interdisziplinarität.“

Der „Hausarzt“ der Salzburger Festspiele blickt als ehemaliger Salzburger Gesundheitsreferent und Landtagsabgeordneter a.D. auch auf Intermezzo in der Politik zurück: „In der Gesundheitspolitik habe ich die Schwerfälligkeit des Seins erlebt.“ Was ihn seiner Visionen freilich nicht beraubt hat, im Gegenteil. „Wie schön wäre es, wenn die Politik so organisiert funktionieren würde, wie die Vorbereitung einer Opern-Uraufführung: Einer schreibt das Stück, einer komponiert, die einen kümmern sich um das Licht, die andern singen… Alle ziehen an einem Strang und am Ende kommt etwas Geschlossenes heraus.“ Tatsächlich gebe es etwa im derzeit vieldiskutierten Gesundheitsbereich etwa keinen Ärztemangel, sondern einen Verteilungsmangel, flicht er so nebenbei ein.

Auch durchaus wirtschaftliche Überlegungen stünden im Hintergrund einzelner medizinischer Themen beim „International Voice Symposium Salzburg“: „Wir üben am Trainingstag ganz konkret an Schweine-Kehlköpfen eine Operationstechnik ohne Narkose.“ Er selber habe die Technik „seinerzeit“ in Ostdeutschlang gelernt, wo man kein Geld hatte. Noch heute sei die Technik unaufwändiger und deutlich billiger als komplexe Operationen unter Narkose – und verträglicher für den Patienten: „Wir müssen die Trampelpfade in der Medizin verlassen, die immer mehr Geld kosten.“

12. International Voice Symposium Salzburg: 26.-28. August – www.voicesymposium.com
Bild: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner

 

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