Der Orientexpress hielt in Bad Reichenhall
BAD REICHENHALL / URAUFFÜHRUNG
14/08/18 Dass die beiden europäischen Hauptstädte Wien und Paris auch nach der beklagenswerten Einstellung der Direktverbindung durch den legendären Orientexpress verbunden bleiben, bewies am Donnerstag der österreichische „Kulturenwandler“ Thomas Daniel Schlee in Bad Reichenhall.
Von Stephan Höllwerth
„Drei Märsche, zwei Trios, ein Walzer“ heißt sein jüngstes Opus, das die Bad Reichenhaller Philharmoniker dieser Tage in der gut besuchten Konzertrotunde aus der Taufe hoben. Schlee hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass Schönheit einerseits und Handwerk andererseits wesentliche Konstanten seines Schaffens sind. Er bleibt seiner klangsinnlichen, neoklassizistischen Ästhetik treu.
So zeigten sich die sechs Kleinformen als ein vom französischen Esprit beeinflusster tänzerischer Reigen mit Wienerischem Einschlag. Bitonale Harmonik und spritzige Melodik (beglückend das ausgedehnte Hornsolo im ersten Trio) beschworen Ahnväter wie Milhaud und Françaix, im mehrschichtigen Schlusswalzer schickte womöglich sogar Gustav Mahler einen Gruß herüber. Und das alles noch hintergründig verwoben mit dem in den Tonarten anklingenden „B-A-C-H“ des barocken Übervaters...
Thomas Daniel Schlee, Organist, Komponist und Musikmanager, schuf bei aller Bewusstheit der Wurzeln mit „leichter Hand“, wie der Dirigent Christian Simonis anmerkte, Eigenständiges, Originelles, das Vergnügen bereitete, ohne leichtfertig zu sein.
In dem Konzert mit der Bad Reichenhaller Philharmonie war auch Mozarts G-Dur Violinkonzert KV 216 mit dem 15-jährigen ehemaligen Mozarteum-Studenten Norman Spaeth zu hören, außerdem Haydns Sinfonie mit dem Paukenschlag. Dass Reichenhall mit der „Konzertrotunde“ (der früheren Wandelhalle) neben dem Königlichem Kurhaus und dem Theater über einen kleinen, feinen Konzertsaal sozusagen für den Wochentag verfügen, erklärt die Anziehungskraft der Nachbarstadt auch für Salzburger Musiker und Ensembles.
Die Bad Reichenhaller Philharmonie feiert heuer ihr 150jähriges Bestehen. Am 3. November wird sie im Großen Festspielhaus Carl Orffs „Carmina burana“hören lassen – www.bad-reichenhaller-philharmonie.de
Bild: Hans Joachim Zauner
Zur Buchbesprechung Klangwolke über Südostbayern