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Kusshand für das Kuss Quartett

KONZERT IM MOZARTEUM / KUSS QUARTETT

11/05/11 Die Sonne Italiens war der gute Stern, der den Kammermusikabend des Kussquartetts in warmes Licht tauchte: Quartettkompositionen der beiden neuzeitlichen Italiener Luciano Berio und Salvatore Sciarrino flankierten Mozarts Streichquartett D-Dur KV 575 und danach zeigte sich Giuseppe Verdis einziges Streichquartett e-Moll op.68 als ein in leuchtenden Farben irisierendes Juwel.

Von Elisabeth Aumiller

altAm Dienstag (10.5.) im Wiener Saal beeindruckte das Kuss Quartett mit interessanter Programmfolge und hoher Spielqualität voller Farbenreichtum: Luciano Berios „Glosse per quartetto d’archi“ entstand als Auftragswerk, dem er als Pflichtstück den Namen „Glosse“ gab - und damit ein „viertes Streichquartetts“ ersetzte, so die Anmerkung im Programmheft. „Es besteht aus kurzen Kommentaren zu einem virtuellen, besser gesagt nicht existierenden Quartett - ein eher komplexes und mysteriöses Unterfangen“, so Berio selber über sein Werk. Dessen Anfang machen gezupfte Impressionen, spannend unterbrochen vom sonoren gestrichenen Celloeinsatz. Ein wildes Jagen unter den vier Streichstimmen folgte und immer wieder der Wechsel zwischen Zupfen und Streichen. Der Klang assoziierte bisweilen Glasperlenspiel oder Naturlaute.

Mit feinnerviger Virtuosität gestalteten die vier Streicher sodann die sensible Klanglichkeit der „Sei quartetti brevi per archi“ von Salvatore Sciarrino. Die Entstehungszeit der sechs kurzen Quartettbilder spannt einen Bogen von 1967 bis 1992. Der Verschiedenartigkeit der Stücke wohnt dennoch eine gemeinsame Charakteristik inne. Die Feinheit des Leisen, die Variabilität der Zartheit, bis in gerade noch wahrnehmbare dynamische Abstufungen, war hier die vorherrschende „Klangentfaltung“. Naturgeräusche, Tierlaute, Vogelstimmen oder einen über die Saiten huschenden Windhauch vermeinte das Ohr zu vernehmen.  Konzentriert gaben die Streicher der klanglichen Minimalistik, den ebenso virtuosen wie zarten  Flageoletts  geheimnisvolle Ausdrucksintensität. Eine starke Leistung! Faszinierend!

Energisch, frühlingsfrisch und doch mit großer Geste formten die Musiker das Mozartquartett, das erste der „Preußischen Quartette“: Vollmundig im Klang schälten sie hier bei aller tänzerischen Leichtfüßigkeit der Tempi die profunde Qualität und melodische Vielfalt des Werkes heraus. Die solistischen Einschübe verflochten sich ineinander und flossen von der Violine über die Bratsche zum Cello als feiner Themenreigen.  Innig vorgetragen die liedhaft anmutende Schlichtheit im Andante, die in kurzen Passagen an die „Veilchen“–Melodie erinnerte. Die vier Mitglieder des Kuss Quartetts bildeten einen einzigen homogenen Klangkörper. Die Primgeigerin Jana Kuss nützte zwar ihre geschliffenen instrumentalen Möglichkeiten, setzte Glanzlichter, war aber als prima inter pares völlig integriert in den Gesamtklang.

Das galt selbstverständlich auch beim Verdiquartett. Dieses relativ selten zu hörende Werk ließ das Kuss Quartett in seiner polyphonen Vielfalt und Kantabilität schillernd leuchten und  zupackende Spannung und emotionale Dichte wurden mit instrumentalem Raffinement vermittelt. Verdi, der große Melodiker, Dramatiker  und Meister der Kantilene hat mit seinem einzigen Streichquartett ein Kammermusikwerk eindringlicher Prägung geschrieben. Zwischen „Aida“ und dem „Requiem“ entstanden, ist belegt, dass es für den Komponisten eher eine Art private Studie oder kompositorischer Zeitvertreib gewesen sei. Welch herrliches Resultat kam dabei heraus! Sinnliche Melodik, tänzerische Eleganz und fröhliche Unbeschwertheit gepaart mit dynamischer Vielfalt, dramatischer Verve und Ausdrucksgefühl machten die Streicher hier zum genussvollen Kammermusikerlebnis.

Mit der Zugabe führte das Ensemble die begeisterten Zuhörer noch nach Armenien mit einem zauberhaft gespielten Volkslied und einem Hochzeitslied. Dem Kuss Quartett sei eine liebevolle Kusshand zugedacht nach diesem niveauvollen Konzerterlebnis.

Bild: dpk-au


 

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