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Gratis-Therapiestunde für falsche Hoffnungen

ARGE / GUSTAV

05/05/11 Am Ende ihres Auftritts räkelt sich Gustav gespielt lasziv auf dem Bösendorfer, raucht eine Zigarette und haucht „Rettet die Wale“ ins Mikrofon. Zu diesem Zeitpunkt ist ihr das Publikum bereits rettungslos verfallen. Wer kann so viel Charme und Selbstironie schon widerstehen?

Von Nina Ainz

Gustav nimmt sich selbst nicht so ernst. „Diese Yogaposition heißt ‚der kalte Hund’“, scherzt sie, während sie sich etwas mühsam auf dem Flügel in Position bringt. Hinter dem Künstlernamen Gustav versteckt sich die Theatermusikkomponistin und Musikerin Eva Jantschitsch. „Lacht nicht, ihr alle werdet sterben! / Im freien Fall und ohne Netz / Tja, das Leben ist kein Wunschkonzert“, mahnte sie gleich zu Beginn des Konzerts in ihrem Song „Happy Birthday“.

Ein Wunschkonzert ist denn auch das Konzert von Gustav am Mittwoch (4.5.) der ARGE nicht, aber es kommt einem solchen sehr nahe. Die Künstlerin spielte einen Großteil der Lieder aus ihren beiden Alben „Rettet die Wale“ (veröffentlicht 2004) und „Verlass die Stadt“ (2006). Sie spielte aber auch den - ihres Wissens nach - ersten deutschsprachigen „Anti-Gentrifizierungssong“ und ein Cover des Rage-Against-The-Machine-Songs „Sleep Now In The Fire“. Letzteren steckt sie in ein typisch Gustav’sches Elektrogewand: Gustav bedient den Laptop, während ihre Bandkollegen Elise Mory am Bösendorfer und Oliver Stotz an der Fender-Gitarre für die klassische Live-Atmosphäre sorgen.

Gustav gilt als Retterin des Protestsongs. In ihren Kompositionen trifft Ironie auf Kitsch, eine Verpaarung, die sehr schön auf dem Cover ihres Erstlings „Rettet die Wale“ zur Geltung kommt, wo inmitten einer alpinen Kitschlandschaft ein Killerwal aus dem azurblauen Bergsee auftaucht.

In ihrem zweiten, etwas düstereren Album ruft sie dazu auf, die Stadt zu verlassen, „bevor die Glut in dir erlischt“. Auf ein drittes Album wartet man seitdem sehnsüchtig. Doch Jantschitsch will sich nicht drängen lassen, wie sie im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ erklärt: „Man darf nicht in die Falle tappen und ein Album nur herausbringen, weil man ein Album herausbringt und weil es einem wirtschaftlichen Rhythmus entspricht, der einem nahegelegt wird, wenn man Popmusik macht. Dem versuche ich zu entgehen.“

Das Publikum war an diesem Abend altersmäßig auffallend bunt gemischt. Das könnte unter anderem auch daran liegen, dass sich die Vertreter mehrerer Generationen, die mit Protestschriften wie „Empört Euch!“ aufgerüttelt werden müssen, mit Gustavs Texten so schön identifizieren können und die Gratis-Therapiestunde für falsche Hoffnungen gleich mitgeliefert bekommen.

So singt Gustav im „Abgesang“: „Ich habe beschlossen / Ich gehe konform / Ich stelle mich richtig / Entspreche der Norm / Ich wollte viel ändern / Die Jahre vergehn / Und ich hab nichts bewirkt / Und es blieb alles stehn“. Es folgt die Resignation: „Ich wähl den Weg des geringsten / Denn der andre tut so weh / So weh so weh!“ Das sorgt für betretene Blicke und ein bisschen schämt man sich doch. Aber heute Abend ist man nicht allein: Viele andere Konzertbesucher schämen sich bestimmt ein bisschen mit.

Auch einen Vorgeschmack auf Gustavs Auftragskompositionen für das „Faust“-Begleitprogramm „Auf eigene Faust“ der heurigen Salzburger Festspiele gab es. Und dieser Vorgeschmack gibt Grund zur Freude auf den Rest, den Eva Jantschitsch gemeinsam mit Ben Becker am 10. August im Republic präsentieren wird.

Unterhaltungsmusik zur Suche nach Erkenntnis“ heißt das im Programm. Und von wem wollen wir die gefundenen Erkenntnisse lieber hören als von Gustav?

Bild: ARGE

 

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