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Im Bierzelt radikalisiert

KULTURTAGE / GESANGSKAPELLE HERMANN

07/10/22 Solala das Jonglieren. Souverän der Palatschinkenwurf... Die Gesangskapelle Hermann aus Wien gastierte bei den Kulturtagen in der Szene Salzburg. Die AcapellaVocal-BoyGroup feiert ihr zehnjähriges Bestehen und mascherlt ihr Jubiläumsprogramm mit Akrobatik auf. Besser können sie Gesang – mitreißend schwungvoll, betörend homogen im Wiener Dialekt.

Von Heidemarie Klabacher

Charmant. Intregant. Wortgewandt. Sakrosankt... Ist da zufällig die Red von der Buberl-Partie eines ehemaligen jugendlichen Bundeskanzlers unserer schönen Republik? Oder ist das in Wien so üblich, dass die Reichen und Schönen auf Parties zusammenstehen und unter der Hand das Land verschachern? In Salzburg ist sowas jedenfalls ausgeschlossen und die Mitglieder der Gesangskapelle Hermann aus Wien haben das Salzburger Publikum, sofern vorhanden, ja auch ausdrücklich immer wieder für seine Menschlichkeit und Emphase gelobt.

Zeitgeist. Bobos und/oder Yuppies, Ich-AGs und Leistungsträger sind einige der Zielpersonen, die die Hermanns in Wiener Dialekt und close harmony-Arrangements auf's Korn nehmen. Die Sehnsucht, nach dem Gratis-Eintritt in Wiener Freibäder ist auch im Herbst noch nachvollziehbar: „Ob Schönbrunn oder Schweizagoaten übern Zaun spoat man sie die Koaten.“ Nicht immer ist es urban. Dörflich-rural wird es, wenn etwa irgendwo in der niederösterreichischen Pampa ein Ernährungsauffälliger aus der Stadt sich wichtig machen will: „Schleich di, du klana Vegana“, heißt es dann in Wirtshaus, Dorfmetzgerei und Kirche (mit passendem Nachhall) oder (in Sopranlage) bei den „Goldhauben“.

Gegen patriachale Strukturen haben sie auch was. Die „Frau vom Voda“ etwa, „die is vü gscheita und bringt a mehr weita“, aber „in die Analen kommen die Gemahlen“. Kein Wunder die Forderung nach „Quoten für die Idioten“. Dafür ist der Lederhosen-King echt eine arme Sau, wenn er eine Konkurrenz-Lederhose im Vorzimmer findet und sich leise davon macht, auf dass nix auffällt.

Die Vokalsätze sind stupend. Meist ist es eine Song für eine oder auch mal mehrere Stimmen. Die „instrumentale“ Begleitung dazu summen, brummen oder groven sie in bester Instrumenten-Imitation selber. Alles in stupend wendigem Wechsel. Es gibt zudem den einen oder anderen klassischer angehauchten fünfstimmigen Chorsatz. Mehr davon! Dass sie auch ohne Mikro passabel homogen miteinander können, zeigen sie mit Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück von den Comedian Harmonists. Auch davon hätte man gern mehr gehört, aber es geht ihnen nicht ums Covern bekannter Nummern. Die Mitglieder der Gesangskaplle Hermann schreiben sich ihre Lieder, Texte und Arrangements selber. Man hatte am Donnerstag (6.10.) beim Kulturtage-Konzert in der Szene Salzburg etwa Gelegenheit, das gesamte Früh- und Spätwerk – also zwei Lieder – von Joachim Riegler kennenzulernen.

„Ich faschiere, du faschierst, wir faschieren....“ Einer der Herren hat drei Semester Germanistik studiert und seither einen Bezug zum Konjugieren. In dem Lied geht es eigenlich um die Wurst, aber man hört im Text immer ein wenig Jandl'schen schtzngrmm mit. So harmlos, wie Simon Gramberger, Simon Scharinger, Stephan Wohlmuth, Joachim Rigler und Bernhard Höchtel tun, sind sie nicht. Im März nächsten Jahres kommen sie vielleicht, sicher wussten sie es nicht, wieder nach Salzburg. Vielleicht ins Oval.

Die Salzburger Kulturtage dauern bis 20. Oktober –  heute Freitag (7.10.) steigt das Festkonzert 75 Jahre Salzburger Kulturvereinigung mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Yutaka Sado mit dem Klaviersoliten Fazıl Say – www.kulturvereinigung.com
Bilder: dpk-klaba

 

 

 

 

 

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