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Spazieren und die Heimat kennen lernen

BUCHBESPRECHUNG / SALZBURG GEhMÜTLICH

01/06/18 Es gibt also wirklich gute Gründe, durch die Glasenbachklamm zu wandern. Sie selbst ist natürlich einer. Ein anderer sind die Grammelknödel, die im Wirtshaus am oberen Ende warten.

Von Reinhard Kriechbaum

Noch eine Attraktion gibt es, an der vorbei – oder genauer: über die hinweg – jeder Salzburger schon mal achtlos gefahren ist, egal ob unterwegs zur Klamm oder sonst wohin: Der Glasenbacher Kreisverkehr wurde 1993 eingerichtet und war einer der ersten im Land.

Da sind wir also schon mitten drin in Christian Heugls Wander-Anleitungen „Salzburg geHmütlich“. Mit dem gemütlichen Schritttempo ist Heugl im Gleichklang mit anderen Autoren im Pustet-Verlag unterwegs: Clemens Hutters „Augen auf!“ sei genannt, oder auch Siegfried Hetz' „Regenwandern“. Wenn man nicht nachdenken muss über Trittsicherheit oder unerwartete alpine Wetterumschwünge, bleiben Kopf und Seele frei für andere Wahrnehmungen der Region. Das kann ein ganz harmloser Spaziergang auf den Salzburger Stadtbergen sein. Wie kommen die Gämsen auf den Kapuzinerberg? Der männliche Urvater, pardon, Stammbock ist bekannt, 1948 ist er zugewandert. Was nicht dokumentiert ist in den Annalen der örtlichen Fauna: Wann hat der Berg die erste Geiß gerufen? Wie auch immer, sie muss mal da gestanden und paarungswillig gewesen sein, woher sonst käme die Gamskolonie dort?

Man braucht also nur die richtigen Fragen stellen, dann werden auch Light-Wanderungen zur lohnenden Sache. Am Ende stehen als Belohnung Grammelknödel, nicht nur am oberen Ende der Glasenbachklamm, sondern auch auf dem Tannberg bei Köstendorf. Der ist alpinistisch auch nicht gar so herausfordernd, aber man sieht von dort weit hinaus ins Voralpenland.

Weil die Orientierung im Regelfall wenig Probleme macht, bleibt umso mehr Raum zum Geschichtenerzählen. So erfährt man, wie das Ochsenkreuz und das Hochzeitskreuz am Rand der Fürberg-Bucht (am Wolfgangsee) zu ihren Namen gekommen sind. Die Sache ist für die Ochsen günstiger verlaufen als für die Hochzeiter, aber das wollen wir hier nicht breit wälzen. Einen Katzensprung weiter liegt der Krottensee. Als man das Schloss Hüttenstein im 19. Jahrhundert auf romantische Weise im Tudor-Stil erneuerte, hat man das alte Kücheninventar darin versenkt, eine Freude für die Mittelalter-Archäologen. In der Besatzungszeit landete auch ein US-Jeep im Krottensee, was heute vermutlich die Umweltschutz-Behörde auf den Plan rufen würde.

So also geht es, beschaulich in Tempo und Sache, von Golling bis zum Mattsee, von Wolfgang-, Mond- und Attersee bis Reichenhall und Berchtesgaden. Die geographisch westlichste Wanderung ist jene auf dem kurzen Landstück zwischen Mondsee und Attersee. Dort, in Unterach, ist Viktor Kaplan 1934 gestorben. Über seine Ingenieursleistung, die Erfindung der nach ihm benannten Kaplan-Turbine, kann man dort also nachdenken (aber auch über Pfahlbauten). Das ist der Vorteil des Spazierens ohne Turbo-Antrieb.

Christian Heugl: Salzburg gehmütlich. Grenzenloses Wandern zwischen Rupertiwinkel und Salzkammergut. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2018. 256 Seiten, 22 Euro – www.pustet.at

 

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