Bei den dreiundzwanzig Zwergen
HINTERGRUND / KINO ENTAN TAUERN
17/05/21 Ziemlich sauer stoßen Robert Wimmer, dem Leiter der Lungauer Kulturvereinigung, Nachrichten aus Kärnten auf: „Das Kino entan Tauern in Tamsweg ist das kleinste Kino Österreichs, auch wenn das andere Kinobetreiber zwecks 'hipper Werbung' immer wieder behaupten.“
Von Reinhard Kriechbaum
Was Wimmer ganz gegen den Strich geht, ist die Behauptung seiner Kollegen von der Kinofabrik in Spittal an der Drau, das kleinste Kino Österreichs zu sein. Zwanzig Sitzplätze führen sie ins Treffen – was Robert Wimmer mit seinem Kino entan Tauern locker unterbietet. Sein „Großer Saal“ hat fünfzehn Plätze, der kleine nur acht Plätze. Also doch zusammen 23, drei Augenpaare mehr als jenseits der Tauern im Süden? Wir wollen nicht Haare spalten. Zumindest ein nanomäßiges Kopf-an-Kopf-Rennen.
„Da ist kein 'Megabesuch' möglich“, sagt Robert Wimmer. „Aber trotzdem. Die Qualität der gezeigten Filme ist immer gleich, unabhängig davon, wie viele Besucherinnen sich im jeweiligen Saal befinden.“ In den beiden Sälen werde „bestes Programmkino“ angeboten. „Zu Coronazeiten vornehmlich Komödien aus der ganzen Welt, Spitzenreiter war die französische Krimikomödie Die Rebellinnen. DrehPunktKultur-Leserinnen haben es ja erfahren: Das Kino entan Tauern hat in den vergangenen Monaten keine Filmpause gamcht, sondern mit dem neuen Verleih-Format Kino mit Freunden den Betrieb aufrecht erhalten.
Man hat dazu genau nachgelesen im Verordnungstext: „...Veranstaltungen wie Filmvorführungen sind untersagt, gilt jedoch nicht für Zusammenkünfte von nicht mehr als vier Personen, wobei diese nur aus zwei verschiedenen Haushalten stammen dürfen, zuzüglich deren minderjähriger Kinder oder Minderjähriger, denen gegenüber eine Aufsichtspflicht besteht, insgesamt höchstens jedoch sechs Minderjähriger ...“ heißt es da. Diese Minimal-Möglichkeit von maximal zehn Besucherinnen und Besuchern hat man genutzt. Was Robert Wimmer auch noch hervorhebt: „Gleich hoch wie immer ist auch die Qualität vom 'cineastischen Drumherum'. Dazu gehört bester österreichischer Biowein, Bier und Limonanden aus der Region und kleine Imbisse von den befreundeten Lungauer Biobauern, direkt vom Bauernladen Kemmts eina in Tamsweg.
Robert Wimmer (im Bild mit seinem Kino-Team) nutzt seinen aktuellen Ärger über die mit ihrer Kleinheit werbenden Kärntner Kollegen auch zu einer Klage, dass sein Kino entan Tauern medial praktisch nicht wahrgenommen werde: „Angeblich zu klein, zu viel Provinz, so wenig cool.“ Das lässt Wimmer so natürlich nicht stehen. „Mehr Sein als Schein ist die Devise, ist die strukturelle Benachteiligung von ländlichen Kulturinstitutionen doch 'fast schon gewohnter Alltag' in der Kulturarbeit“, so der Leiter der LKV.
Er ist nicht nur auf die zwei kleinen Vorführräume in Tamsweg stolz, sondern auch auf die anderen Spielorte in der Region. „Durch eine Wanderkinolizenz werden Filme im gesamten Bezirk gezeigt, immer in Kooperation mit Schulen Gemeinden oder öffentlichen Bibliotheken.“ Bei Österreichischen Filmschaffenden sei diese kleine Szene im Lungau bereits „bestens bekannt“, immer wieder kann man Filmemacher und -innen bei Diskussionen hier begrüßen.
Die zweifache Diagonale-Gewinnerin Ivette Löcker ist Lungauerin, lebt aber in Berlin. Aber sie sei „regelmäßig vor Ort“, sagt Robert Wimmer. Ihr preisgekrönter Dokumentarfilm Was uns bindet wurde im Lungau von rund 900 Menschen gesehen. Auch Zwerge machen in Summe was aus...
Auch Michael Pfeifenberger, auch er mit Lungauer Wurzeln, ist öfters zu Besuch im Kino entan Tauern, ebenso wie Sebastian Prameshuber, Ulli Halmschlager, Judith Barfuß, Helmut Santner und Othmar Schmiderer. Der vor einem Jahr verstorbene Wolfram Paulus war hier auch gerne zu Gast, seine filmischen Vermächtnisse stehen immer wieder auf dem Programm des Kinos.
Jedenfalls ist Robert Wimmer mit Recht darauf stolz, dass es im Bezirk Lungau wieder ein Kino gibt, ohne viel Aufsehen, aber sogar mit einer Jugend-Programmschiene (Kasperl, Kino & Co) für junges Publikum, mit einem Angebot jeden, wirklich jeden Freitag. Robert Wimmer: „In Wien oder Berlin wäre diese Form des Kinos ein absoluter Hit, in Tamsweg im Lungau ist dies seit über fünfzehn Jahren einfach cineastischer Alltag.“