„Salzburg ist ein beinhartes Pflaster“
IM PORTRÄT / HEIDI UND FERDINAND ALTNÖDER
05/12/14 Die Papierarbeiten sind nur provisorisch mit Kluppen auf Wäscheleinen an die Wand gehängt, gelbe Post-Its kleben neben den Kunstwerken, und da ist der Preis dick durchgestrichen und das aktuelle Offert steht daneben, mit roten Filzstift geschrieben: Heidi und Ferdinand Altnöder machen den Laden dicht.
Von Reinhard Kriechbaum
Schwer vorstellbar eigentlich, dass es das letzte Mal sein soll, dass man die Stufen hinauf geht in der ersten Stock des Hauses an der Sigmund-Haffner-Gasse. Die Galerie Altnöder sperrt zu. Am nächsten Wochenende (13.12.) ist es wirklich so weit. „30 Jahre, 370 Präsentationen – es reicht“, sagt Ferdinand Altnöder. Huscht da ein befreites Lächeln über sein Gesicht?
Da war also ein Kunstbegeisterter, studierter Theologe und von Profession damals Kirchenzeitungs-Journalist. Die Galerie Brodil wurde eben aufgelöst – und da schlugen die Altnöders, Ferdinand und seine Frau Heidi – spontan zu. „Am letzten Tag habe ich die Galerieräume der Brodils angemietet“, erzählt Altnöder, „die Brodils haben uns ihre Kundendatei gegeben“.
Gute und schlechte Zeiten haben die Altnöders durchlebt. 1990 bis 2000, dann die Jahre 2007 bis 2009, die seien hart gewesen. „Salzburg ist ein beinhartes Pflaster, vielleicht fünf Prozent unseres Umsatzes haben wir hier gemacht, mehr nicht.“ Nach 25 Jahren war man schuldenfrei. „Ein gutes Gefühl, aufzuhören, wenn es einem gut geht.“
Interessant, wie Ferdinand Altnöder das Verhältnis zwischen Galeristentätigkeit und Festspielen beschreibt: Man merke die Impulse der Festspiele unmittelbar am Galeriepublikum. „Es ist für uns sehr maßgeblich, wer Intendant ist.“ Mit Karajan wäre die Galerie eingegangen, argwöhnt er, „mit Mortier hat sich das Publikum – eben auch jenes der potentiellen Bilderkäufer – verjüngt und ist interessierter geworden.“
Eine Lücke hinterlässt die Galerie Altnöder vor allem insofern, als es wohl keine zweite Galerie gibt, die in solcher Breite österreichische Kunst vertreten hat. „Unser größter Sammler war Rudolf Leopold, er war fünfzehn Jahre der wichtigste Kunde, der auch Unbekanntes gekauft hat.“ Für Arbeiten der Art Brut – Stichwort Gugging – war Alötnöder lange Zeit auch international allererste Adresse, so lange, bis man dort begonnen hat, sich selbst zu vermarkten.
Wo kam Altnöders besondere Affinität zu Alfred Kubin her? „Kubin hat mich fasziniert, weil auch in der jungen österreichischen Kunst das Zeichnen wichtig war – Kubin war der geistige Urahn für viele.“ Als Journalist verstand sich Ferdinand Altnöder auf die Recherche. „So bekam ich für die erste Ausstellung achtzig Zeichnungen zusammen“. Seine Kubin-Bibliothek sei die größte in Österreich, sagt der Galerist stolz.
Über Arbeitsmangel wird er auch in Zukunft nicht zu klagen haben. Online wird man ja weiter bei Altnöder kaufen können, heißt es. „Das Wesentliche ist das Netz“, sagt Altnöder, seien die Kontakte zu den Künstlern, zum Handel, zu Museen und natürlich zu Sammlern.
„Bei Rühm verhandle ich gerade mit vier Museen, von der Albertina bis zum Salzburg Museum“, plaudert Altnöder aus der Schule. Er verwaltet unter anderem den Nachlass von Otto Eder (1924-1982). Für die Gemeinde Seeboden am Millstätter See erarbeitet er gerade ein Präsentationskonzept, denn dort soll Eder als heimischer Künstler herausgestellt werden.
Was man nicht alles findet in der Ausstellung „Finis“ jetzt – durchaus manches zu Schleuderpreisen: Ein ganzes Konvolut an Graphiken von Herzmanovsky-Orlando hängt da (schon für fünfzig Euro ist man dabei). Arbeiten von Alfred Klinkan, Christian Eisenberger, Josef Kern, Alois Moosbacher. Da eine rare Fotocollage von Oswald Oberhuber, dort eine Plastik von Gironcoli, weiters Klein-Skulpturen von Otto Eder, Roland Goeschl, ein ganzer Stoß Ölbilder von Janz Franz: Wofür der Name Altnöder als Galerie eben über die drei Jahrzehnte stand.
Nachdenklich wird Ferdinand Altnöder vor einem Blatt von Wolf Vostell. Es hing vor urdenklichen Zeiten in der letzten Ausstellung in der Galerie Armstorfer. Das Blatt trägt einen entsprechenden Vermerk. „Ein Stück Salzburger Galeriegeschichte“, sagen die Altnöders nachdenklich. Acht Tage noch, dann ist auch ihre Galerie Geschichte. Wirklich schade.