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da capo

DIALOGE / IM PORTRÄT / PETER EÖTVÖS

02/12/14 Der ungarische Komponist Peter Eötvös ist neben Mozart und Ligeti der dritte Komponist im Zentrum der Dialoge zum Thema „Wort“ von 2. bis 7. Dezember. Sein jüngstes Werk „da capo“ basiert auf Mozart-Fragmenten. Das Auftragswerk erlebt im Eröffnungskonzert am Mittwoch (3.12.) seine Österreichische Erstaufführung.

Von Heidemarie Klabacher

„Da capo!“ fordert das Publikum laut rufend, wenn ihm ein Stück so gut gefallen hat, dass es sich eine Wiederholung wünscht. „Da capo“-Rufe sind Musik in den Ohren jedes Musikers.

„Da capo bedeutet, an den Anfang zurückzukehren und neu zu beginnen“, sagt Peter Eötvös. Er hat vorigen Winter ein Stück dieses Titels für die außergewöhnliche Besetzung Cimbalom und Ensemble  komponiert – im Auftrag der Stiftung Mozarteum Salzburg, der Casa da Musica Porto und der New World Symphony und der America’s Orchestral Academy. „Da capo“ hat trotz des scheinbar „ungarischen“ Flairs durch die Verwendung des pannonischen  Nationalinstrumentes als Soloinstrument einen direkten Bezug zu Wolfgang Amadeus Mozart.

Peter Eötvös, 1944 in Transsilvanien geboren, dirigiert die wichtigsten Orchester der Welt und ist einer der erfolgreichsten Komponisten unserer Zeit. Für die New Yorker Philharmoniker schreibt er momentan an einem Einakter als Ergänzung zu Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“. Im Musikzimmer in seinem Haus in Budapest steht neben dem Flügel eine Hammondorgel, an der er gerade ein Konzert für zwei Orgeln komponiert, das in „Multiversen“ führen soll. Die jüngste Neukomposition schuf er für die Stiftung Mozarteum Salzburg: „da capo“ für Cimbalom und Ensemble unter Verwendung von Mozartschen Fragmenten - deren Autorgraphe zu den Schätzen der Stiftung Mozarteum gehören.

„Ein musikalischer Prozess entwickelt sich aus der Anfangsmelodie, reicht bis zu einem bestimmten Punkt, aber endet nicht, beginnt wieder und wieder auf andere Weise, mit unterschiedlichem Ausgangsmaterial, durch neun Phasen hindurch. Die Anfangsmelodien stammen aus Mozarts Skizzenbüchern. Sie sind Fragmente, Ideen für Themen, die in der Mehrzahl nicht zu fertig gestellten Werken führten, oder zumindest nicht in der hier entworfenen Form.“ So erklärt der Komponist sein Stück im Programmbuch zu den Dialogen. Peter Eötvös stelle diese Ideen in einer Gestalt vor, „die ihren Schöpfer Mozart erkennen lassen, entwickelt und transformiert sie jedoch sofort“, führt Walter Weidringer, der Verfasser des Beitrags, weiter aus.

„Diese Umgestaltung wird auch dadurch begünstigt und farblich intensiviert, dass ja alle heute verwendeten, ‚modernen’ Instrumente, ob sie nun im Ensemble spielen oder den Solopart ausführen, der wahlweise von Zymbal oder Marimba übernommen werden kann, im 18. Jahrhundert in dieser Form noch unbekannt waren.“ Beim Komponieren des Soloparts dachte Eötvös an den ungarischen Zymbalspieler Miklós Lukács, der auch in der österreichischen Erstaufführung am Mittwoch (3.12.) im Großen Saal des Mozarteums zu erleben sein wird.

Miklós Lukács musiziert mit dem Ensemble Musikfabrik unter der Leitung von Maxime Pascal, die mit einer Eötvös-Uraufführung den Abend eröffnen werden: Es handelt sich dabei um das Stück „Natascha“ und die Uraufführung der Bearbeitung von Marco Blaauw für Doppelschalltrichtertrompete, Violine, Klarinette und Klavier.

Natascha ist eine Figur aus Anton Tschechows Theaterstück „Drei Schwestern“. Das Stück erzählt, so der Programmheftbeitrag, „wie beiläufig das unglückliche Schicksal der vier erwachsenen Kinder eines verstorbenen Generals, Olga, Mascha, Irina und Andrej. Am Ende haben sich alle ihre Hoffnungen als trügerisch erwiesen, während Natascha, ein Mädchen aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, die Andrej geheiratet hat, als einzige ihre Ziele erreicht hat:„Sie hat die drei Schwestern aus deren eigenem Haus verdrängt, hat einen Mann, der sich ihrer Herrschaft willenlos beugt, zwei Kinder, die sie abgöttisch liebt, und obendrein einen Liebhaber“.

Peter Eötvös hat seine Oper „Drei Schwestern“ 1996/97 komponiert. 2006 hat er eine Szene der Natascha herausgelöst und als Konzertstück für Countertenor gesetzt. Der niederländische Trompetenvirtuose Marco Blaauw hat die Singstimme des „Natascha-Trios“ für sein eigenes Instrument eingerichtet: eine Spezialtrompete, auf der Vierteltonabstände gespielt werden können. Die „Natascha“-Szene mit Doppelschalltrichtertrompete erlebt beim Dialoge-Eröffnungskonzert ihre Uraufführung.

Seinen großen Opernerfolg mit „Drei Schwestern“ konnte Eötvös mit „Le Balcon“, „Angels in America“, „Love and Other Demons“, „Lady Sarashina“ und mit „Tragödie des Teufels“ fortsetzen. Zwischen 1968 und 1976 war er Mitglied des Stockhausen Ensembles. Von 1971 bis 1979 arbeitete er im Elektronischen Studio des WDR in Köln. 1978 dirigierte er das Eröffnungskonzert des IRCAM in Paris und wurde zum Musikdirektor des Ensembles intercontemporain ernannt, ein Posten, den er bis 1991 beibehielt. Peter Eötvös dirigiert namhafte Orchester wie das Royal Concertgebouw Orchester, die Berliner, Münchner oder Wiener Philharmoniker oder das Cleveland Orchestra. Er arbeitet mit Ensembles für zeitgenössische Musik wie dem Ensemble InterContemporain, dem Ensemble Modern oder dem Klangforum Wien zusammen. Von 1994 bis 2004 war Peter Eötvös Chefdirigent des Radio Kammerorchesters in Hilversum. Der Dirigent und Komponist ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden und u.a. „Commandeur l’Ordre des Arts et des Lettres“.

Weitere Werke von Peter Eötvös erklingen bei den Dialogen zum Thema Wort von 2. bis 7. Dezember - www.mozarteum.at

Bilder: ISM/Sisi Burn (1); Jean-Francois Leclercq (1); Kálmán Garas (1)

 

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