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Es muss viel mehr sein als Mainstream

IM INTERVIEW / ANDREAS NEUMAYER

13/02/12 Der "Jazzit:Musik:Club" gehört weit über die Salzburger Stadt- und Landesgrenzen zu den renommiertesten Spielstätten für Jazz und Artverwandtes. Am vergangenen Freitag (10.2.) gab es das Geburtstagskonzert zum zehnjährigen Bestehen. Ein Gespräch mit Jazzit-Leiter Andreas Neumayer.

Von Didi Neidhart

altWie gefragt das Jazzit ist, zeigen nicht nur Auftritte von Al di Meola, Ron Carter, David Murray, Pharoah Sanders oder dem Sun Ra Arkestra. Aber auch die lokale wie die überregionale Jazz-Szene in Österreich wären um einiges ärmer, hätte das Jazzit nicht nach Jahren der Wanderschaft vor genau zehn Jahren sein jetziges Domizil in ehemaligen Räumlichkeiten des Salzburger KPÖ-Volksheims aufgeschlagen. Damals hatte Andreas Neumayer längst von Walter Struger die Initiative „Jazz im Theater“ übernommen gehabt. Seit 22 Jahren schon ist Neumayer für die musikalischen Inhalte verantwortlich. „Mein Anliegen war auch, Jazz- und Avantgardekonzerte in Salzburg zu veranstalten, aber ebenso die lokale Szene mehr zu integrieren. Dass sich persönliche Vorlieben in der Programmierung niederschlugen bzw. niederschlagen, steht außer Frage“, sagt Neumayer.

Dass man die ehemalige Elisabethbühne für „Jazz im Theater“ verloren hat, sieht er im Nachhinein nicht negativ: „Jede Veränderung, auch wenn sie von außen erzwungen ist, kann auch eine Chance für einen Neustart darstellen. Wer weiß, ob es sonst das ‚Jazzit’ in der Elisabethstraße überhaupt geben würde?“

altNeumayers Erfahrungen des letzten Jahrzehnts: „Es gibt immer mehr junge, überaus kreative, talentierte Musiker, die Jazz spielen. Was es auch schwierig macht, wenn man sich mit der Fülle an Anfragen konfrontiert sieht und dann leider einfach sehr oft Nein sagen muss. Reagiert haben wir jedoch darauf, dass wir im Jazzit vor knapp zwei Jahren die Konzertreihe ‚Lokal*Global’ initiiert haben, in deren Mittelpunkt lokale und nationale Musiker und ihre Projekte stehen.“

Was ist für Neumayer überhaupt „Jazz“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt? „Wir sehen uns als ‚Musik Club’, in dem neben Jazz auch andere Spielarten wie Weltmusik, HipHop und Experimentelles Platz finden. Wir wollten uns von Beginn an nicht nur in die Jazz-Schublade drängen lassen, sondern bewusst offen bleiben, für neue Strömungen. Deshalb auch der Name ‚Jazzit:Musik:Club’.“

Die finanzielle Situation macht Neumayer natürlich immer wieder Kopfzerbrechen. Zwar habe sich die finanzielle Situation etwas gebessert (vor allem die Stadt Salzburg sieht allmählich den hohen Stellenwert des Jazzit im Salzburger Kulturleben), jedoch gestalte sich die Suche nach potentiellen Sponsoren sehr schwierig.
Wie kriegt man als relativ kleiner Club mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten Legenden und Stars wie Abdullah Ibrahim, Al di Meola, Jamie Lidell, Ron Carter, David Murray, Pharoah Sanders oder Tony Allen aufs Podium? „Sicher durch Verhandlungsgeschick, indem man sich den ‚Day Off’ mit einem für das Jazzit finanzierbaren Angebot sichern kann. Sehr viele dieser großen Stars, die bei uns im ‚kleinen Club’ gespielt haben, waren so begeistert von der intimen, familären Atmosphäre, dass sie wiederkommen wollten.“ Neumayers schönste Abende und Erlebnisse in den letzten zehn Jahren Jazzit? Da lässt er sich nicht festnageln: „Das waren die Momente, in denen ein Konzert sich als absoluter musikalischer ‚Glücksgriff’ erwiesen hat. Egal, ob großer Star oder Neuentdeckung.“ Und Andreas Neumayer betont: „Es gibt so viele spannende Projekte, immer wieder – das sind die besten Motivationsschübe!“
Wie fügen sich aktuelle DJ-Reihen wie Beatshot und Jamboree ins Grundkonzept des Jazzit ein? „Die Reihe Beatshot ist eine nicht kommerzielle Drum & Bass-Reihe und mit dem Jazzit groß geworden. Und so sahen und sehen wir sie auch ins Konzept passend. Die Dancehall-Reggae-Reihe Jamboree bietet aber nicht nur DJs, sondern auch Live-Acts. Beide Schienen positionieren sich abseits des Mainstreams.“

Für junge Musiker war und ist das Jazzit mehr als Startrampe, eine Art künstlerischer Heimat. Es gibt die Jazzit Sessions, regelmässige Klub Mildenburg-Abende, aber auch Workshops (z.B. "Improvisation für Kinder") und sogar ein eigenes Plattenlabel. Man arbeite da immer mit Leuten aus der heimischen Musikerszene zusammen. „Insbesondere die Jazzit:Sessions sind in Salzburg, wo es noch immer keine universitäre Jazz-Ausbildung gibt, die einzige Möglichkeit aufzutreten und sich auszutauschen.“

Gehen sich in wirtschaftlich angespannten Zeiten Experimente überhaupt noch aus, oder muss man auch in Sachen Jazz verstärkt auf eine gewisse Mainstreamtauglichkeit oder den Bekanntheitsgrad setzen? „Leider ist es nach wie vor schwierig, Konzerte mit Newcomern bzw. mit Acts aus dem Avantgarde-Bereich zu veranstalten und damit den Saal zu füllen“, weiß Andreas Neumayer. Dabei seien „gerade diese Konzerte oft die wirklichen, musikalisch spannenden Highlights!“ Aber: „Auf Mainstream zu setzen würde bedeuten, unseren Zielen bzw. unserem selbst auferlegten Kulturauftrag untreu zu werden.“

Zum aktuellen Jazzit-Programm: http://www.jazzit.at - Das Interview im Wortlaut lesen
Bilder: Jazzit / Markus Lackinger

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