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Nicht universell sondern schnell studieren!

NOVELLE UNIVERSITÄTSGESETZ

15/01/21 Nicht nur die ÖH der Universität Mozarteum befürchtet hinsichtlich der Novellierung des Universitätsgesetzes einen „dramatischen Kompetenzverlust der Senate und Demokratieabbau“. Auch von Rektorenseite gibt es geharnischte Kritik am neuen Gesetzesentwurf: Es schlage sich ein „utilitaristisches Bildungsverständnis“ nieder.

Von Reinhard Kriechbaum

Für die ÖH der Universität Mozarteum wirke manche Festschreibung in der Gesetzesnovelle „wie eine sich immer stärker durchsetzende autoritäre Struktur“. Sie widerspreche „klar jeglichen Ansprüchen bezüglich Universalität, Diversität und künstlerischer Freiheit, sowie der Autonomie der Universitäten“. Und man erinnert: „Vor wenigen Monaten machte noch die zunehmende Autokratie an ungarischen Universitäten Schlagzeilen, und wir fürchten, dass die vorliegende Novelle des Universitätsgesetzes solchen Zuständen auch hier den Weg ebnen kann.“

Gerade an einer Universität wie dem Mozarteum, wo derartig viele verschiedene Studienfächer angeboten werden, sei eine Richtlinienkompetenz hinsichtlich der Rektorate in vollem Umfang abzulehnen, heißt es in einem Statement der ÖH. Ein Rektor, eine Rektorin könne sich zwar „in bestimmten Bereichen sehr gut auskennen, jedoch lässt sich diese Fachkenntnis nicht mit der breiten Erfahrung der Mitglieder des Senats vergleichen“. Ein Rektor, der beispielsweise aus dem musikalischen Bereich kommt, sollte keinen Einfluss auf das Curriculum der bildenden Kunst nehmen können. Außerdem sei das Rektorat einem direkten Druck des Ministeriums ausgesetzt – eine große Gefahr für die Autonomie der Universitäten.

Ein strittiger Punkt ist nach wie vor, dass für die Wiederbestellung von Rektoren eine Zweidrittelmehrheit des Universitätsrates ausreiche. Laut Gesetzesentwurf sei „der Senat jedenfalls anzuhören“. Das alleinige „Anhören“ des Senats reiche nichrt aus, so die ÖH der Universität Mozarteum. Positionen der Lehrenden, Mitarbeiter und Studierenden würden so nicht genügend in die Wiederwahl einfließen, es würden ihnen Mitbestimmungsrechte genommen.

In der Kritik steht nach wie vor die Vorschreibung einer Mindestanzahl von ECTS-Punkten, um einer Exmatrikulation zu entgehen. „Vor allem eine soziale Gleichstellung wird dadurch konterkariert – manche Studierende können nicht mit familiärer Unterstützung rechnen und sind daher von Nebenjobs abhängig.“

Aus allen Ecken hagelt es nun, zu Ende der Begutachtungsfrist der Gesetzesnovelle, geharnischte Kritik. Ein „Legistisches Versagen in der Bananenrepublik Österreich“ ortet die ÖH der Technischen Universität Wien und formuliert drastisch: „Das Ministerium richtet unbeirrt mit tausend Nadelstichen das österreichische Bildungssystem zu Grunde.“ Doris Havlik verweist auf „medial kaum beachtete Stellen“ in der Gesetzesvorlage, etwa dass es weniger Prüfungstermine geben soll. „In der Fantasiewelt der österreichischen Politik bedeuten weniger Prüfungstermine mehr absolvierte Prüfungen. Sie werden von drei pro Semester auf zwei reduziert. Das Angebot wird gekürzt, die Forderungen erhöht.“

Natürlich hat auch Mozarteums-Rektorin Elisabeth Gutjahr eine gemeinsame Erklärung der Rektoren und Sentasvorsitzenden der sechs üsterreichischen Kunsthochschulen mitunterzeichnet. Sie alle sehen „eine vergebene Chance zur Stärkung der Universitäten und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung“. Mittelfristig einen effizienten Mitteleinsatz abstrakt zu fordern ohne jedwede Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Effektivität als Ziel zu haben, laufe völlig ins Leere, befinden die Rektorinnen und Rektoren. „Autonome Universitäten müssten in der gegenwärtigen Situation die Möglichkeit bekommen, flexible Anreizsysteme zur Anpassung ihrer inhaltlichen Wirksamkeit („Effektivität“) zu setzen und Lehr- und Forschungsstrukturen erweitern zu können.“ Nur so könne man „den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte durch die gravierenden Transformationsprozesse in Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft begegnen, die insbesondere den Universitäten und der Bildungspolitik viel abverlangen“.

Ausschließliche quantitative Ansätze – wie die Geschwindigkeit beim Erwerb der ECTS-Punkte – als bildungspolitische Ziele zu definieren, gefährde das Studieren in all seinen Aspekten von Vielfalt, individuellen Schwerpunktsetzungen und Verschränkungen zwischen mehreren Studienangeboten. Vertiefungen, die weit über ECTS-bemessene Mindestleistungen hinausgehen, und kritische Reflexion in Hinblick auf eine verantwortungsbewusste und aufgeklärte Gesellschaft seien dem UG-Entwurf folgend obsolet und irrelevant.

Auch den Rektorinnen und Rektoren sowie den Senatsvorsitzenden ist die Einschränkung der Kompetenzen des Senats zugunsten des Universitätsrats und des Rektorats ein Dorn im Auge. „Das bestehende Kräftegleichgewicht hat sich bewährt und einen Interessensausgleich innerhalb der Universitäten und damit Handlungsfähigkeit in bestehenden und zukünftigen Arbeitsbereichen sichergestellt.“ Die Änderungen bedeuteten auch eine Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Universitätsautonomie.

Der vorliegende UG-Entwurf enthälte gravierende Eingriffe in das Grundverständnis universitärer Bildung und formuliert die Reduzierung von Bildung auf „die Pflicht, den Studienfortschritt eigenverantwortlich im Sinne eines raschen Studienfortschritts zu gestalten“. Das vorgesehene Konzept zur Mindeststudienleistung bedeutet eine Abkehr vom universitären Bildungsbegriff einer aufgeklärten Wissensgesellschaft und die Betonung der Geschwindigkeit und Effizienz redet einem utilitaristischen Verständnis von Bildung das Wort.“

 

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