Von Red Bull lernen
GLOSSE
Von Werner Thuswaldner
04/08/16 Die Salzburger Festspiele sind immer wieder auf der Suche nach einem neuen Jedermann. Fast immer besteht auch Bedarf an einer neuen Buhlschaft. Eine mühsame Suche. In dieser Hinsicht könnten die Festspiele von Red Bull lernen.
Red Bull sucht auch immer wieder nach einem neuen Außenverteidiger oder gar nach einem neuen Angreifer, also einem, der vorne die Tore schießen soll. So gut wie Red Bull organisiert ist, so gut ist dort auch die Lösung dieser Frage. Nachwuchs wird gebraucht. Wie beschafft man ihn? Die Antwort: durch Nachwuchspflege. Dazu richtete Red Bull eigene Akademien ein, darunter jeweils eine in Salzburg, in Brasilien und eine in Ghana. Nur viel versprechende Talente kommen für diese Akademien in Frage. Einige Absolventen erreichen einen so hohen Grad des Könnens, dass sie in einer der Red-Bull-Profimannschaften ihren Platz finden. Herausragende Spieler werden gelegentlich verkauft. Spektakuläre Summen werden für sie bezahlt, wie eben erst das Beispiel des 20jährigen Leroy Sane gezeigt hat, der von Schalke zu Manchester City gewechselt wurde. Fünfzig Millionen Euro mussten für ihn auf den Tisch gelegt werden.
Warum richten die Festspiele nicht längst Jedermann-Akademien ein, aus denen dann die Jedermänner der Zukunft hervorgehen? Natürlich nicht in Ghana oder Brasilien, sondern in St. Pölten, Unterlaken und Castrop-Rauxel. Die besten Absolventen kommen auf die Bühne vor dem Salzburger Dom. Andere könnten für teures Geld an verschiedene Theater verkauft werden.
Und in einer Extraabteilung dieser Akademie müssten die künftigen Buhlschaften geschult werden. Die lernen dort, wie man Erotik erzeugt, Rad fährt und auf der Lenkstange einen Kopfstand macht. Vor allem aber lernen sie wie selbstverständlich in dem Hofmannsthal-Jargon zu reden, den der Dichter für das Spiel erfunden hat. Der muss ihnen in Fleisch und Blut übergehen, so dass sie ihn auch immer wieder privat anwenden. Würde sich beispielsweise der Freund einer Buhlschafts-Studentin im Cafe ein wenig sonderbar benehmen, müsste sie sagen:
„Er sitzt nit fröhlich und gepaart Und redt von Dingen aus der Art, Hab nie zuvor ihn so gesehn, Weiß nit, was ihm mag sein beschehn!“
Vielleicht nimmt ja die neue Festspielintendanz die Idee von einer Jedermann-Akademie auf. Noch ist sie nit patentiert.