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Volksnahe

GLOSSE

Von Christoph Janacs

20/08/17 Kürzlich hätte ich einen kleinen medizinischen Eingriff an mir vornehmen lassen sollen und verfügte mich zu diesem Behufe in das zuständige Spital. Ich staunte nicht schlecht, als ich bei der Aufnahme auf eine nicht unbekannte TV-Moderatorin traf, die meine Personalien aufnahm und mich freundlich-routiniert für die bevorstehende Operation instruierte.

Meine Verwunderung wurde erheblich größer, als sich unter dem Pflegepersonal der Abteilung einige Personen fanden, die ich eigentlich spitalsfernen Berufszweigen wie zum Beispiel der Unterhaltungsbranche zugerechnet hätte. Meine Verwunderung wandelte sich in Irritation und schließlich Entsetzen, als ich im OP hinter den Masken von Anästhesieassistent- und OP-Schwestern einen Kabarettisten sowie WerbespezialistInnen und sogar eine Miss World wiederzuerkennen glaubte.

Auf meine Frage, was das solle, erwiderte der Chirurg (ein ehemaliger Sportler, wie mir schnell bewusst wurde), die Spitalsleitung habe sich dazu entschlossen, um den Patienten Volksnähe zu vermitteln und jeden Anschein von Abgehobenheit und ärztlichem Establishment zu vermeiden, vermehrt QuereinsteigerInnen anzustellen. Mein Einwand, dass allen hier im Raum die nötige Ausbildung fehle, wurde abgeschmettert mit dem Hinweis, man vertraue dem Motto „learning by doing“. Fluchtartig verließ ich OP und Spital und verzichte bis auf Weiteres auf jedweden medizinischen Eingriff an mir.

Der Schriftsteller Christoph Janacs ist Jahrgang 1955 und lebt in Niederalm/Salzburg. Seine jüngste Veröffentlichung: „Der Blick des Leguans. Mexikanische Geschichten“ (Bibliothek der Provinz, Weitra). Im Frühjahr 2018 erscheint sein neuer Gedichtband „der rede wert“ (edition keiper, Graz) – www.janacs.at
Bild: Christian Weingartner

 

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