Viele Jubliäen und Mozarts Clavichord
FESTSPIELE 2024 / DAS KONZERT
14/12/23 Arnold Schönbergs Geburtstag jährt sich 2024 zum 150. Mal. Ihm widmen die Festspiele die Reihe „Zeit mit …“ Herbert Blomstedt, Andris Nelsons, Riccardo Muti – er dirigiert zum ersten Mal in seiner Karriere Bruckners Achte – Gustavo Dudamel und Yannick Nézet-Séguin dirigieren die Konzerte der Wiener Philharmoniker.
Von Heidemarie Klabacher
„Schönbergs Œuvre wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Bestandteil in Opern- und Konzertprogrammen der Salzburger Festspiele“, erinnert deren Konzertchef Florian Wiegand. Das Opernfragment Moses und Aron stand 1987/1988 und 1996 auf dem Programm. Das Monodram Erwartung gestaltete Jessye Norman 1995 in einer Inszenierung von Robert Wilson mit Christoph von Dohnányi am Pult der Wiener Philharmoniker. „Zeit mit Schönberg“ sei eine Einladung an das Publikum, „sich mit diesem einflussreichen und innovativen Komponisten zu beschäftigen“, so Florian Wiegand. Wichtig sei dabei die Einbettung seines Schaffens in den historischen Kontext vom Zusammenbruch der Monarchie über den Ersten Weltkrieg bis hinauf in die Nachkriegszeit. Werke verschiedenster Schaffensperioden von Klavierstücken, klein besetzer Kammermusik bis hin zu symphonischen Kompositionen stehen auf dem Programm.
Pierre-Laurent Aimard wird im Solistenkonzert „Klavierwerk +“ das gesamte Klavierschaffen Schönbergs Werken von Komponisten gegenüberstellen, die für ihn Vorbilder und Impulsgeber waren. Wagner, Beethoven, Brahm oder Mahler sind in der Konzertreihe als Schönbergs Leitbilder vertreten. „Der gleichaltrige Karl Kraus, von dessen Vortragsstil Schönberg tief beeindruckt war, gesellt sich ebenso dazu wie Freunde und Schüler“, berichtet Konzertchef Wiegang. „Franz Schreker, Alban Berg, Anton Webern und Hanns Eisler spiegeln Schönbergs Einfluss, der über Luigi Nono bis in die Gegenwart zu Olga Neuwirth wirkt.“ Werke in Originalbesetzung werden solchen gegenübergestellt, die unter anderem für den Verein für musikalische Privataufführungen entstanden sind.
Die Wiener Philharmoniker spielen wie immer fünf Konzertprogramme. Den Auftakt gibt Herbert Blomstedt mit dem Schicksalslied von Johannes Brahms und Mendelssohns Sinfonie-Kantate Lobgesang. Andris Nelsons setzt seinen Mahler-Zyklus mit dessen „Neunter“ fort. Riccardo Muti dirigiert anlässlich des 200. Geburtstags von Anton Bruckner dessen achte Symphonie, „zum ersten Mal in seiner Karriere“, wie Konzertchef Florian Wiegang berichtet. Richard Strauss’ Alpensinfonie sowie Vier letzte Lieder mit Asmik Grigorian erklingen unter Gustavo Dudamel. Yannick Nézet-Séguin beschließt die Reihe mit dem Ersten Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven mit Daniil Trifonov als Solisten und der Symphonie fantastique von Hector Berlioz.
In der Reihe Orchester zu Gast kommen Teodor Currentzis und sein 2022 gegründetes Orchester Utopia. Jordi Savall beschließt seinen Beethoven-Zyklus mit Le Concert des Nations. Sir John Eliot Gardiner kommt dem Monteverdi Choir, „der 2024 sein sechzigjähriges Bestehen feiert“ und den English Baroque Soloists. Václav Luks leitet sein Collegium 1704 sowie das Collegium Vocale 1704 bei zwei Aufführungen der c-Moll-Messe in St. Peter. Das West-Eastern Divan Orchestra begeht 2024 sein 25-Jahr-Jubiläum und kommt mit seinem Gründer Daniel Barenboim. Die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko Werke spielen Werke von Bedřich Smetana und Anton Bruckner, deren Geburtstage sich 2024 zum 200. Mal jähren. Das Gustav Mahler Jugendorchester unter Ingo Metzmacher widmet sich ebenfalls zwei Jubilaren, nämlich Arnold Schönberg und Luigi Nono (1924–1990). Dessen Il canto sospeso, „eines der eindrücklichsten Werke gegen Faschismus und Gewalt“, so Florian Wiegand, spielt das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Maxime Pascal. Weiters zu Gast sind Manfred Honeck mit seinem Pittsburgh Symphony Orchestra sowie das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das nächstes Jahr sein 75-jährigen Bestehen feiert, unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Simon Rattle,
In Solistenkonzerten sind Pierre-Laurent Aimard, Evgeny Kissin, Patricia Kopatchinskaja, Igor Levit, Anne-Sophie Mutter, Anna Prohaska, András Schiff, Grigory Sokolov, Daniil Trifonov und Arcadi Volodos zu hören. Der französische Pianist Alexandre Kantorow, der im vergangenen Sommer gemeinsam mit Renaud Capuçon auf sich aufmerksam machte, gibt seinen ersten Klavierabend bei den Festspielen.
Liederabende gestalten unter anderen Elīna Garanča mit Malcolm Martineau, Christian Gerhaher mit Gerold Huber, Matthias Goerne mit Markus Hinterhäuser sowie Julian Prégardien mit András Schiff. In der ReiheCanto lirico sind Lea Desandre mit dem Ensemble Jupiter unter der Leitung von Thomas Dunford, Kate Lindsay mit dem Ensemble Arcangelo unter der Leitung von Jonathan Cohen sowie Juan Diego Flórez zu Gast.
Die Reihe Kleine Nachmusiken im Stefan Zweig Zentrum wird fortgesetzt. Georg Nigl, August Diehl und Alexander Gergelyfi laden zu drei Programmen an sechs Abenden: „Komm, süßer Tod – J.S. Bach“, „Abendempfindung – Mozarts Clavichord“ und „Weit von der schönen Erde – Ein Schubertabend“. Die Mozart’sche Nachtmusik wird auf dem Original-Clavichord von Mozart musiziert, auf dem dieser „gemäß einem eingeklebten handschriftlichen Zertifikat von Constanze Mozart“ Die Zauberflöte, La clemenza di Tito und das Requiem komponierte.
Kammerkonzerte bestreiten Isabelle Faust & Friends. Renaud Capuçon, Julia Hagen und Igor Levit spielen Brahms’ Klaviertrios. Georg Nigl, Markus Hinterhäuser, Anna Prohaska und das Minguet Quartett spielen Schönberg-Werken, die auf Texte des Dichters Stefan George komponiert sind. Und neben den beiden Stamm-Quartetten Belcea Quartet und Quatuor Ébène ist im Festspielsommer 2024 auch das Leonkoro Quartett zu Gast. Die Mozart-Matineen leiten 2024 Adam Fischer, Ivor Bolton, Roberto González-Monjas und Andrew Manze. Erstmals am Pult des Mozarteumorchesters steht Maxim Emelyanychev, der in Mozarts Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott auch als Pianist in Erscheinung treten wird.
2023 erging der Herbert von Karajan Young Conductors Award, für den es 320 Bewerbungen gab, an den in Korea geborenen Hankyeol Yoon. Er leitet 2024 das ORF Radio-Symphonieorchester Wien beim Preisträgerkonzert in der Felsenreitschule. „Die Vergangenheit beweist, dass der Young Conductors Award oft die erste Gelegenheit ist, künftig prägende Dirigent innen kennenzulernen“, so Konzertchef Florian Wiegand. „So finden sich im diesjährigen Programm etwa Mirga Gražinytė-Tyla, die 2024 die Oper Der Idiot von Mieczysław Weinberg leitet oder auch Maxime Pascal, der zwei Konzerte dirigiert.“
Bild: SF / J.M. Pietsch
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