Glattes Rohr und Pferdepo
ARGE / MotzArt KABARETT FESTIVAL / HOFMEIR
03/02/16 „Siebenkäs. Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel“ - 595 Seiten. „Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman“ – 744 Seiten. Alles, was unerträglich und genial ist, fällt einem ein zu einem Kabarett-Abend von Andreas Hofmeir.
Von Heidemarie Klabacher
Locker wäre Zeit gewesen, am Dienstagabend (2.2.) in der ARGEkultur einige Klassiker des Weit- und Abschweifigen zumindest wieder einmal quer zu lesen: Die Stationen und Episoden aus dem Leben eines Bayerischen Tuba-Spielers zogen in epischer Breite vorüber.
Andreas Hofmeir ist ja viel mehr als nur ein Bayerischer Tuba-Spieler. Er ist ein international gefragter Tuba-Solist. Und er ist ein Tuba-Mozarteumsprofessor. Und ein Echo Klassik-Preisträger. Im Herzen ist er freilich der einfache Tuba-Spieler aus Geisenfeld in der Holledau geblieben. Und so einer erlebt allerlei. Sogar die Zug-Bekanntschaft mit einer Porno-Darstellerin, welche beinahe zu einem Duo-Abend bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen geführt hätte.
Alles was er erzählt, ist wahr und liegt niedergeschrieben vor – in einem etwa einem zehn Zentimeter dicken unordentlichen Papierstapel. Andreas Hofmeir hält derzeit beim zweiten Teil seiner Lebensgeschichte. „Kein Aufwand. Teil 2 – Die letzten Jahre“ ist der Titel seines aktuellen Kabarett-Programms, das am Dienstag (2.2.) in der ARGEkultur beim MotzArt Kabarett Festival seine Österreichpremiere feierte.
„Der Winter“ aus Vivaldis „Jahreszeiten“ für Tuba und Gitarre. Virtuos. Und schräg. Die Tuba-Fürze aus Prokoffiefs Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ hat er wohl aus Schicklichkeitsgründen nicht vorgespielt... Das Klassikgeplänkel war leider allzu bald vorüber. Der Einstieg in die „Selberlebensbeschreibung“ erfolgte, unbarmherzig von der Militär- über die Studienzeit bis ans Tuba-Pult beim Linzer Brucknerorchester führend. Dazwischen immer wieder Bonmots: „Die Planstellen für Tuba stehen im Versailler Vertrag, dass so was, wie das Dritte Reich nicht mehr passiert.“
Der pädagogische Eros ist stark im Univ. Prof. für Tuba Andreas Hofmeir. Nicht nur die Tuba ist ihm ein Anliegen, auch ihre minderen und primitiveren Vorgänger – Trompete, Posaune, Geige, Es-Klarinette – will er seinem Publikum ans Herz binden. Dazu hat er gedichtet, gar nicht schlecht in „Hochdeutsch“ und „Starkdeutsch“ (da werden die Konsonanten verhärtet und die Vokale verdunkelt). Der Kontrabass? „Langes Haar vom Pferde-Po, einmal so und einmal so.“
Hier ließ sich denn auch – nach gefühlten sieben bis acht Stunden – die komplexe in sich kreisende Erzählstruktur von „Ohne Aufwand“ erkennen: „Hoch- oder Starkdeutsch?“ Das Publikum wünscht beides. „Selber Schuld. Geht von Ihrer Zeit weg.“ Und er fange mit dem Hochdeutschen an: „Ist dramaturgisch sinnvoller.“ Diese kleine dramatische Wechselrede sollte sich denn leitmotivisch durch den Abend ziehen. Überhaupt gehörte die musikalische Struktur von Hofmeirs Programm analysiert. Gleich nach der Lektüre von „Siebenkäs“ und „Tristram Shandy“.
Ja, musiziert worden ist auch. Brasilianische Liebeslieder, einige auch aus dem Grenzgebiet zwischen Mazedonien und Griechenland oder den USA. Andreas Hofmeirs Partner an Gitarre, Akkordeon oder Kontrabass ist Guto Brinholi, der sich auch heftig langweilt, aber im Gegensatz zum Publikum, daran gedacht hat, ein Buch mit zunehmen.