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Blasenstein und Feiertag

MotzART FESTIVAL / DIE SAMUEL PEPYS SHOW

07/02/20 8. Februar 1660: Ging abends um 9 Uhr nach Hause, in Fleet Street stieß ich gewaltig mit jemandem zusammen, der auf seiner Seite keinen Platz machen wollte. Hatte im Bett noch Kopfschmerzen vom vielen Trinken. Unter dem Kinn ein Pickel, der mir sehr zu schaffen macht. Am Samstag 8. Feber 2020 wird es auf den Tag genau 360 Jahre her sein, dass Samuel Pepys diese Notiz in sein Tagebuch geschrieben hat.

Von Heidemarie Klabcher

Grissmann muss nicht vorgestellt werden. Engelmayr ist einschlägig bekannt. Pepys seit Jahrhundert ein Jahrhundert-Ereignis. Zwei Große und ein wirklich ganz Großer auf einer Bühne ergibt Knalleffekt mit Hintersinn: Christoph Grissemann und Manfred Engelmayr geben an besagtem 8. Februar in der ARGEkultur beim motzART Festival die Salzburgpremiere ihrer Samuel Pepys Show.

Samuel Pepys, 3. Februar 1633 bis 26. Mai 1703, war Staatssekretär im englischen Marineamt, Präsident der Royal Society und Abgeordneter des englischen Unterhauses. Bekannt bis auf den heutigen Tag ist er freilich wegen seiner Tagebücher. In ihnen blätternd erhält man noch heute einen schier authentischen Blick auf den Alltag im Londen von Ende des 17. Jahrhunderts und kriegt ein wenig mit, wie die Leute damals getickt haben mögen. Auch nicht wenig Zeitgeschichte seiner Zeit spiegelt sich in den Tagebüchern des Samuel Pepys, Politik und was die Leute wirklich bewegt hat von der Großen Pest bis zum Brand von London 1666 ist man quasi live dabei. Richtig spannend natürlich sind die privaten Notizen, und nicht von ungefähr hat Pepys sich einer Geheimschrift und Geheimsprache bedient.

Nicht nötig wäre solche Zurückhaltung bei Einträgen wie jenem vom 24. März 1660: „Den ganzen Tag schwer gearbeitet, Briefe geschrieben usw. Der Schiffsjunge Eliezar schüttete eine Kanne Bierüber meine Schriftstücke, verpasste ihm dafür eine Ohrfeige“ oder bei jenem Eintrag zwei Tage später geschrieben: „Heute sind es zwei Jahre, dass es Gott wohlgefiel, mich von meinem Blasenstein zu befreien, und ich beschloss, diesen Tag, so lange ich lebe, mit meinen Verwandten als Festtag zu begehen.“ Wenn es am 30. März heißt: „Wurde gleich am Morgen von zwei Briefen begrüßt mit je einem Goldstück darin, ich hatte zwei Leuten einen Gefallen getan“ wird man freilich nocht heute neugierig nach dem Wem und Warum.

Nicht jeder akribisch beschrieben Ehekonflikt liest sich so harmlos, wie der vom 12. Februar 1660: „Im Bett heftiger Wortwechsel mit meiner Frau, weil ich erklärte, ich würde den Hund, den sie von ihrem Bruder geschenkt bekommen hat, zum Fenster hinauswerfen, wenn er noch einmal ins Haus pisst.“

Die Tagebücher des Samel Pepys stehen selbstverständlich in jeder halbwegs besseren Privatbibliothek. So selbstverständlich sie dort stehen, so wenig selbstverständlich ist, wie jeder Belesene zugeben muss, der Griff danach. Das Englisch von Sechzehn-Hundert-Irgendwas ist schon ein wenig... Naja. Umso verdienstvoller, wenn ein Kabarettist zusammen mit einem Musiker zur Volksbildung schreitet.

Wir können gar nicht aufhören zum Zitieren: „Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe. Dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen“, heißt es unter dem 1.März 1662. Viertausend Seiten Klatsch und Tratsch, Skandal und Geschichte umfasst die legendäre Schrift: In zehn Jahren, von 1660 bis 1669 schrieb Samuel Pepys etwa viertausend Seiten Tagebuch.

Wohl nur ein Teil davon wird am Samstag (8.2.) zur Sprache kommen: Christoph Grissemann & Manfred Engelmayr laden in der ARGEkultur beim motzART Festival die Salzburgpremiere ihrer Samuel Pepys Show.

Christoph Grissemann, geboren 1966 in Innsbruck um das auch mal zu wiederholen, studierte ein etwas Germanistik, Publizistik sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaft und leistete Zivildienst im Flüchtlingslager Traiskirchen. Seit 1988 arbeitet er für den ORF, seit 1990 an der Seite von Dirk Stermann. Mit dem gemeinsam moderierten Salon Helgaerreichten die beiden Kultstatus. Seit 2007 führen Stermann & Grissemann durch die wöchentliche Late Night Show Willkommen Österreich.

Manfred Engelmayr, Jahrgang 1972 ein Musiker und Komponist, der seine eigenen elektronischen Upcycling-Instrumente baut. Er spielt in mehreren Bands, wie etwa Bulbul oder Broken Heart Collector, schreibt Theatermusik, hält Workshops, vertont Hörspiele und Filme. 2002 erhielt Engelmayr das Jahresstipendium des ske-Fonds.

MotzART Festival -  Samstag (8.2.) 19.30 Uhr ARGEkultur - Christoph Grissemann & Manfred Engelmayr - Die Samuel Pepys Show - www.argekultur.at
Bild: www.argekultur.at / Udo Leitner (1); Stills aus youtu.be / Jim Clark

 

 

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