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Zirkusvirtuosen mit Erotik und Poesie

WINTERFEST / CIRCA'S PEEPSHOW

28/12/19 Circa‘s Peepshow ist der Teaser für Zirkus des Kombinierens auf höchstem Niveau. Zwar auch Futter für Voyeure, vielmehr aber strategisch entwickelte Artistik mit einer Fülle zündender Ideen. Die Premiere der Australischen Truppe Circa am Freitag (27.12.) im Volksgarten – die letzte des diesjährigen Zirkusfestes – wurde frenetisch bejubelt und bedankt mit Ovationen.

Von Erhard Petzel

Die Aufmachung unterstützt den Titel. Ein Silberglitzervorhang trennt Vorder- von Hinterbühne und ist doch für alle Art von Aktionen eine so leicht durchgängige wie undurchsichtige Grenze. Eine Neonschrift und Spots nähren die Fantasie Richtung Rotlichtmilieu, doch wird sich die konkrete Verwirklichung dieser Konnotation nur im ersten Teil verdeutlicht sehen. Die vier Akrobatinnen und drei Akrobaten stecken zunächst in schwarzen Hotpants und weißem Hemd, ihre Körper lassen die Assoziation zur Jungfleischbeschau trotz der aufgebauten Muskulatur noch zu. Doch das Spiel mit Erotik ist nur einer von vielen Aspekten und eigentlich nicht wirklich der Wesentlichste.

So wird eine Strip-Einheit von einer glitzernden Chimäre aus Alien und Roboter zur Musik vom schönen Gigolo ausgelöst, indem ihr rot behandschuhte Arme – aus dem Glitzervorhang wirkend und später als Ensemblemitglieder aktiv – der Reihe nach Kostümteile entreißen, Ausgreifzitate inklusive. Sowohl Stripperin wie rote Handschuhe bemühen sich im Slapstick-Reigen um die Bedeckung der Brüste vor den Blicken. Ein Bursche aus dem Publikum bekommt das Privileg des kurzen Anblicks und darf den BH anlegen. Natürlich Fake, nachdem ihm die Kleidung abgerissen wurde, entpuppt er sich als Mitglied der Kompanie und spielt inmitten der allgemeinen Stripdynamik.

Im hautfarbigen Unterhöschen gibt es eine atemberaubende Bodybilder-Nummer an seilartigen Vertikaltüchern, die das Publikum so beeindruckt, dass der Applaus erst bei den abschließenden Drehfiguren einsetzt, dafür umso tosender. Ähnlich wirksam wird später eine Vertikaltuchnummer, die als Verhüllungsspiel mit Vorhängen beginnt. Als Finale vor der Pause baut sich allmählich eine Reifennummer bis in aberwitzige Dimensionen auf. Unglaublich, was diese Frau schon mit einem Reifen anstellt. Noch unglaublicher, wieviel solcher Reifen sie simultan bändigt.

Grundsätzlich unterscheiden sich die beiden durch die Pausen getrennten Teile vor allem durch die Musik, alte Schlager werden durch elektronische Beats abgelöst. Die Musik ist oft Impulsgeber bis in die detaillierte Choreografie. Die Elemente des ersten Teils wiederholen sich in einer anderen Qualität von komplexer Organisation. Die besondere Stärke der Truppe ist die flexible Kombination im Zusammenspiel des Ensembles wie in den einzelnen artistischen Disziplinen. Was anderswo isoliert geboten wird, kommt hier im Zusammenspiel mit anderen Schikanen. So das Schlussbild. Ein Dreierturm aus je zwei Personen wird von einer Brücke überspannt.

Die abwechslungsreiche Verbindung unterschiedlicher Sparten und Ausdruckseben bedarf dann auch nicht weiter gespannter Erzählstrategien. Spitzentanz wird zitiert und umgewertet, Modern Dance aus afrikanischen Wurzeln trifft Hiphop, Vorbereitung und Auflösung von Figuren und Gruppen erfolgt witzig und überraschend, aus körperbetontem Fallen, Gehen und Springen wird Fliegen zu Türmen und Körperclustern. Manches erinnert an Tempeltanz. Bei aller Vielseitigkeit steht höchste Körpervirtuosität im Mittelpunkt und wird beständig produziert. Bis auf Seil, Vertikaltücher, Ringe, Jonglierziegel und ein paar Kostüme stehen immer die Körper im Vordergrund und ihre Verhaftung zueinander. Für die Qualität der Ausführung wurde die Truppe unter der Regie von Yaron Lifschitz mit Standing Ovations bedankt.

Das Winterfest im Volksgarten - bis 6. Jänner -  www.winterfest.at
Bilder: Winterfest / Erika Mayer

 

 

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