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Mit Limone und Kegel

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / LIMONEN AUS SIZILIEN

06/05/14 Manfred Trojahns „Limonen aus Sizilien“ beruht auf zwei Einaktern von Luigi Pirandello und einem von Eduardo de Filippo. Verschränkt in eine dreiteilige Kammeroper ergibt das einen kurzen, aber sehr eindrucksvollen Theaterabend. Noch dazu, wenn die Umsetzung so gut gelingt wie bei der österreichischen Erstaufführung im Großen Studio des Mozarteums.

Von Gottfried Franz Kasparek

Am Vorabend der Premiere am 5. Mai gab es im Solitär ein Porträtkonzert des Komponisten. Trojahn ist einer, der die Tradition lust- und phantasievoll fortsetzt. Seine Klavier-Préludes, souverän musiziert von Hanni Liang, lassen an Skrjabin denken und sind dennoch wie neu. Sein 2012 geschriebenes Klaviertrio ist klassisch geformt, überrascht mit echten, berührend schönen Melodiebögen und verblüfft mit einer trotz aller Anlehnung höchst eigenwilligen Textur, in der schräge Ländler und dissonant gewürzte Scherzi, aber auch ein wundersam melancholisches Andante amoroso ihren Platz finden. Frank Stadler, Florian Simma und Eung-Gu Kim realisierten das heikle Stück vollendet in Klangpracht und Präzision.

Im Gespräch erfährt man, dass Trojahn das sich leitmotivisch durch die Opernpartitur ziehende Limonenlied als Hommage an das kostbare Intermezzo aus Ermanno Wolf-Ferraris Musikkomödie „Die vier Grobiane“ sieht – „eine wunderbare Oper“, wie recht er hat! Und überdies blickte er „neidisch auf Puccinis Trittico“, als er beschloss, selber drei Opern für einen Abend zu versuchen, und hält auch Richard Strauss für einen der ganz Großen, was man seiner oft fast belcantesken Führung der Gesangsstimmen anmerkt. Nein, die Tempel der elitären „Neuen Musik“ sind die seinen nicht.

Die Oper, eigentlich ist es ja eine einzige in drei Bildern, verbunden durch atmosphärische Zwischenspiele, erzählt die Geschichte einer Familie, in der die Kinder von den Hausfreunden stammen und die Männer in den ehelichen Verhältnissen nicht weniger gefangen sind als die Frauen. Als eine Art reiner Tor wandelt Micuccio durch zwei der drei Teile, ehe er sich sterbend als Vater der Kinder seines besten Freundes entpuppt. Dies liest sich als Handlung komplizierter, als es sich auf der Bühne darstellt. Trojahns Stil ist pointiert und elastisch gleichzeitig, die Textverständlichkeit ist hoch, die Figuren sind plastisch gezeichnet. Leichter Parlando-Tonfall mündet mitunter in expressive Dramatik. Das Kammerorchester schafft diffizile Begleitung und oft seelische Feinzeichnung in kunstvoller Freitonalität. Es gibt Arioses und das südlich-sinnliche Limonenlied als ständig präsentes, pochendes Hauptmotiv. Es wird gesungen und nicht modische Stimmakrobatik betrieben, es wird eine zutiefst menschliche Geschichte erzählt und kein verkopftes Rätselspiel aufgeführt. So muss Oper sein und bleiben, wenn sie bleibend sein will.

Der Komponist selbst im ersten und Mascha Pörzgen in den folgenden Teilen haben das in wie die Geschichte durch das vergangene Jahrhundert wandernden, kleidsamen Kostümen und ebenso schlichten wie starken, perfekt ausgeleuchteten Räumen von Dietlind Konold schlüssig und mit feiner Personenführung inszeniert. Eine Tischreihe bildet die Klammer. Dirigent Kai Röhrig mit Gast-Konzertmeister Frank Stadler an der Spitze des hörbar motivierten Orchestern lotet die Partitur in allen Nuancen, aber auch in energischen Aufschwüngen aufs Feinste aus; packend etwa das unerbittlich archaische zweite Intermezzo. Röhrig ist ein perfekter Opernmaestro und weiß mit dem Ensemble zu atmen.

Darin gibt es auch einen schon arrivierten Gast, den aus Linz bestens bekannten Tenor Pedro Velázquez als betrogenen Ehemann zu Beginn. Sonst aber sind lauter Studierende aus der Opernschule der Universität Mozarteum am Werk. Die Sopranistinnen Claire Austin als verzweifelte Frau und Julia Rath als Tante Marta singen nicht nur famos, sie wirken wie Tragödinnen in einem Lorca-Drama. Der junge Micuccio ist Thomas Huber, der als eindringlicher Singschauspieler und lyrisch grundierter Charaktertenor ebenso begeistern kann wie sein altes Alter ego, der hell timbrierte Aleksander Rewinski. Der Bariton Fernando Araujo gibt Micuccios Freund im Finale darstellerische und stimmliche Präsenz. Alle anderen Mitwirkenden sind begabt, prächtig geführt und geben ihr Bestes, was nicht wenig ist. Insgesamt eine Stunde und 10 Minuten lang lebendiges Musiktheater. Großer Applaus samt Bravi für Manfred Trojahn.

Weitere Vorstellungen, teils mit veränderter Besetzung: 6. und 8. Mai, 19 Uhr, im Großen Studio der Universität Mozarteum - www.moz.ac.at
Bilder: Universität Mozarteum / Christian Schneider

 

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