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Nicht ganz daheim in der neuen Welt

GRAZ / HERR MOZART WACHT AUF

27/03/19 Leicht hat man's nicht, wenn man als Mozart plötzlich in der Gegenwart aufwacht. Schon seine Ausdrucksweise ruft nicht wenig Verwunderung hervor bei den jungen Leuten in einer WG: Dort liegt Herr Mozart, bis dato ein unbeschriebenes Blatt, plötzlich in einem der Betten.

Von Reinhard Kriechbaum

Das mit den unbeschriebenen Blättern ist der Kern der Sache. Herr Mozart fühlt nämlich eine Mission. Es gilt, das Requiem fertig zu schreiben (Franz Xaver Süßmayr habegestümpert beim Vollenden). Ist nicht so einfach, wenn man sich nebenher in einer ziemlich neuen Welt zurechtfinden muss, in der Brahms schon ein alter Hut ist, wie ein Straßenmusikant erklärt. Einer aus dem 19. Jahrhundert. „19. Jahrhundert!?“, kreischt Mozart auf, der die Zeitreise noch nicht realisiert hat.

Nicht nur Brahms und Jazz sind verwunderlich. Vor „Fuhrwerke ohne Pferden“ muss man sich in einer heutigen Stadt in Acht nehmen. Lichter, die man gar nicht auspusten muss sondern ausknipsen kann, sind praktische Dinger. Und Musik aus dem Radio, aus dem Kopfhörer oder gar per Bluetooth irgendwohin übertragen... Herr Mozart findet rasch Zutrauen zum Straßenmusikanten Piotr. Der geigt noch analog. Und Anjou, die Jazzsängerin? Ihr schreibt Herr Mozart gleich mal eine super Jazznummer und man verliebt sich bei der Gelegenheit auch gleich ineinander. Die Handynummer der Dame gibt freilich Rätsel auf – eine geheimnisvolle Chiffre für Musik, argwöhnt Mozart.

Herr Mozart wacht auf ist ein Roman von Eva Baronsky, die für das Grazer Jugendtheater Next Liberty auch eine Bühnenversion geschaffen hat. Eine janusköpfige Angelegenheit: In der ersten Hälfte geht’s in der Inszenierung von Alexander Medem temperamentvoll und lustig zu. Herrn Mozarts neues Lebensumfeld will erkundet, neue Erfahrungen wollen gesammelt sein. „AC/DC“ hat ein Bursch auf seinem T-Shirt stehen. Einer wie Mozart checkt das sofort: „Adorate, Cherubim, Dominum Cantu!“

So lustig geht es aber nicht weiter, denn Roman und Stück zielen (vielleicht ein wenig zu gewollt) ganz woanders hin. Wie geht es einem Außenseiter, der so gar nicht dazupasst in die jeweilige Welt? Genie hilft da wenig. Der Integrationswille der Gegenwartsmenschen ist enden wollend. So landet „Herr Mozart“, weil es einen solchen ja nicht mehr geben kann, in der Psychiatrie, und damit ist Schluss mit Lustig, auch wenn das Personal dort bunt geschminkte Wangen hat.

Aufführungen bis 5. Juni im Next Liberty, neben der Grazer Oper – www.nextliberty.com
Bilder: Bühnen Graz / Lupi Spuma

 

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