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Verleger-Dilettant? Führer durch die Welt des Geistes?

REST DER WELT / INNSBRUCK / BRENNER-ARCHIV

17/03/17 Am 20. März jährt sich zum fünfzigsten Mal der Todestag des Publizisten und Verlegers Ludwig von Ficker - 1880 bis 1967. Zugleich feiert Walter Methlagl, der erste Leiter des Innsbrucker Brenner-Archivs, seinen 80. Geburtstag. Das Brenner-Archiv veranstaltet aus diesem Anlass von 20. bis 22. März eine internationale Tagung. In Salzburg erinnert man Ludwig von Ficker vor allem als Förderer Georg Trakls.

Von Heidemarie Klabacher

„Ludwig von Ficker, der zeitlebens die Fäden eher im Hintergrund gezogen hatte, erfuhr erst nach dem Zweiten Weltkrieg anlässlich seines 70. Geburtstags am 13. April 1950 öffentliche Anerkennung für sein Werk“, sagt Ulrike Tanzer. Die Germanistin ist Institutsleiterin am Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck. Ludwig von Ficker galt, zumindest in Österreich, als „Hüter des frommen und freien Geistes“, als „einzige Instanz im Literarischen, von der approbiert zu werden, genügt“ wie Friedrich Heer und Felix Braun meinten, oder gar, wie Heinrich Drimmel urteilte, als „Auctor Austriae und eine der überzeugendsten Verkörperungen österreichischer Geistigkeit in unserem Jahrhundert“.

Ficker selbst, stellt Ulrike Tanzer fest, habe sich angesichts der Ehrungen als „Verleger-Dilettant“ bezeichnet, „der sein Vehikel geschäftlich nie recht aufzäumen konnte“. Er habe sich selbstironisch mit „einem verlegen lächelnden pastoralen Mummelgreis“ verglichen, während andere ihn in die Riege der „Führer durch die Welt des Geistes“ einreihten.

Tatsächlich war Ludwig von Ficker eine Institution, etwa als Juror beim Trakl-Preis oder editorischer Berater und Gutachter im Falle Thomas Bernhards. „Er hielt brieflichen Kontakt zu Christine Lavant, Christine Busta, Paul Celan oder Ingeborg Bachmann. Zudem war er in ein Netzwerk von Kulturvermittlern, darunter Otto Basil, Felix Braun, O. M. Fontana, Friedrich Heer, Otto Mauer, Otto Müller und Hans Weigel, eingebunden.“

Was all diese Kulturvermittler verband, so Ulrike Tanzer, „war der Umstand, dass sie nach der Kapitulation mit einer ähnlichen gesellschaftlichen Situation wie nach dem Ersten Weltkrieg konfrontiert waren und der Kultur abermals die Rolle zufiel, eine Art Wiederaufbau im geistigen Bereich zu initiieren“. Diese Erneuerung habe sich nach 1945 aber unter veränderten Vorzeichen, vollzogen, „denn die NS-Diktatur hatte auch im kulturellen Bereich ihre Spuren hinterlassen“. Nicht selten verwiesen die Vermittler deshalb auf religiöse Thematiken oder richteten ihre Arbeit und Publikationsorgane - „Wort und Wahrheit“ oder etwa „Hochland“ - in vollem Umfang darauf aus.

Der Nachwelt – und auch der Salzburger Literaturszene – ist Ludwig von Ficker aber vor allem als Freund und Förderer Georg Trakls, seiner wichtigsten literarischen Entdeckung, im Gedächtnis geblieben, erinnert Ulrike Tanzer.

Georg Trakl war 1912 zu der von Ficker 1910 in Innsbruck gegründeten Zeitschrift „Brenner“ (1910-1954) gestoßen und wurde neben Carl Dallago bald zu deren wichtigsten Mitarbeiter: „Ficker war von der christlich geprägten Motivik Trakl'scher Verse angetan, die für ihn einen Schwebezustand zwischen Schuld und Sühne abbildete. Er brachte bis 1914 in jeder Ausgabe mindestens ein Gedicht Trakls.“

Ficker sah Trakl als „Seher-Dichter“ und präsentierte und interpretierte seine Lyrik „als symbolische Konkretisierung einer Sinnsuche und als göttliche Offenbarung“. Er stilisierte Trakl zum „poeta vates“ (Seher-Dicher) und betonte den - christlich motivierten - Verdammnis- und Erlösungsgedanken in dessen Lyrik: „Aus Fickers Briefen, die im Rahmen eines FWF-Forschungsprojektes künftig über eine kommentierte Online-Edition des Gesamtbriefwechsels auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, lässt sich entnehmen, dass er diese bestimmte Sichtweise auf Trakls Lyrik zeitlebens beibehalten hat“, sagt Ulrike Tanzer. Die Verbindung zwischen Verleger und Dichter blieb bis über den Tod der beiden Protagonisten hinaus bestehen: „Ficker war erschüttert von Trakls frühem Tod im Krakauer Garnisonsspital im November 1914 und bemühte sich, Trakls sterbliche Überreste nach Tirol zu überführen, was ihm 1925 schließlich gelang.“ Ludwig Ficker wurde nach seinem Tod wurde auf dem Mühlauer Friedhof in Innsbruck an der Seite Georg Trakls beigesetzt.

Im Rahmen der Tagung am Forschungsinstitut Brenner-Archiv werden, ausgehend vom historischen Beispiel Ludwig Fickers, Tätigkeiten, Einflussnahmen und gesellschaftlichen Wirkungen von Kulturvermittlern nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges diskutiert.

„Pastorale Mummelgreise oder Führer durch die Welt des Geistes? Kulturvermittler und Kulturtransfer nach 1945“ - Internationale Tagung zum 50. Todestag von Ludwig von Ficker - 20. bis 22. März in Innsbruck - Tagungsprogramm und Informationen zur geplanten Briefedition
Bilder: Forschungsinstitut Brenner-Archiv

 

 

 

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