Julia und ihre Romeos
PFINGSTFESTSPIELE / GALAKONZERT
17/05/16 Schön ist so ein Galakonzert. Schöne Stimmen, schöne Weisen erklingen, Publikumslieblinge werden nach ein paar Arien ausgiebig gefeiert und wenn sich noch dazu ein roter Faden durchs Programm zieht, wie am Pfingstmontag im Großen Festspielhaus, ist die Welt des noblen Galapublikums in bester Ordnung.
Von Gottfried Franz Kasparek
Die Stars standen im Vordergrund. Angela Gheorghiu vergnügte sich nicht nur in zwei Roben, sondern auch mit gleich zwei Romeos auf dem Podium. Singen kann sie natürlich fabelhaft, die Stimme sitzt perfekt und leuchtet verführerisch, der handfest erotische Charme der Dame kommt gut an. Auch bei ihrer männlichen Umgebung am Podium. So viele Handküsse erlebt man selten in einem Konzert.
Unversehens zum Höhepunkt wurde ein englisches Lied aus Nino Rotas Musik zu Zeffirellis „Romeo and Juliet“. Hört man diese exquisite Mischung aus Opernarie und Filmschlager direkt nach der Romeo-Arie aus Riccardo Zandonais expressiver Bühnenversion des Stoffs, erkennt man, wie sehr beide Komponisten in einer Tradition standen. Und bedauert, dass nicht Zandonais Oper zu konzertanten Gesamt-Ehren gekommen ist, zumal Marco Armiliato mit den Wiener Symphonikern die feinen Orchesterfarben der Partitur sorgfältig und doch mit Verismo-Biss ausmalte. Und zudem mit Benjamin Bernheim ein hochbegabter Tenorlyriker mit nahezu schlackenlosem, weich strömendem Gesang die rechte Mitte zwischen Emphase und Verinnerlichung fand.
Bernheim war der erste Duettpartner der Gheorghiu in Gounods „Roméo et Juliette“, als zweiter wurde Juan Diego Flórez nicht nur vokal umgarnt – alle drei machten das Konzertpodium zur Bühne. Der derzeit wohl konkurrenzlose Edelbelcantist Flórez ließ als Gounods Romeo nicht nur seine wundersame Musikalität glänzen, sondern verfügt nun auch über eine gute Dosis mehr Metall in seinen wahrlich strahlenden Spitzentönen.
Maestro Armiliato ist ein fabelhafter Opernkapellmeister. Tschaikowskis „Romeo und Julia“- Ouvertüre hat man freilich schon spannender gehört. Gut gelangen etliche Nummern aus Prokofjews Ballettsuiten, obwohl dies nach der grandiosen Gesamtaufführung des Stücks am Vortag nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Ausschnitte aus „Romeo und Julia auf dem Dorfe“, der zu Unrecht vernachlässigten Oper des Deutschengländers Frederick Delius, hätten zum Beispiel das Thema zusätzlich im Licht der Spätromantik gezeigt. Völlig unnötig war das nichts sagend kurze, nur in der Oper stimmungsvolle Vorspiel Gounods, nur mit den Maskenszenen zu tun hat Bellinis schwungvolle Sinfonia zu „I Capuleti e i Montecchi“.
Abschied nehmen vom Thema hieß es in den Zugaben. Benjamin Bernheim empfahl sich eindringlich als „Rigoletto“-Herzog. Juan Diego Flórez erschien mit Charme und Gitarre und machte aus lateinamerikanischen Schlagern Kabinettstücke elegantester Vortragskunst, gipfelnd in brünstigen Höhen – da war des Jubels kein Ende. Den erhielt auch noch Angela Gheorghiu. Doch sei die Frage gestattet, ob die herrliche Lauretta-Arie aus Puccinis „Gianni Schicchi“ nicht mit weniger Schmalz und mehr schlichter Lyrik gestaltet werden könnte.