Zaubergeige
PFINGSTFESTSPIELE / KAMMERMUSIK MATINEE / FISCHER
16/05/16 Die Münchner Geigerin Julia Fischer, die zur derzeitigen Geigenelite zählt, brachte den Pfingstmorgen zum Strahlen: Die Gäste im Großen Saal des Mozarteums ließen sich bezaubern von den Sonaten für Violine und Klavier von Antonín Dvořák, Peter Iljitsch Tschaikowski und Pablo de Sarasate. Mit Bohuslav Martinů streiften Julia Fischer und Milana Chernyavska das 20. Jahrhundert.
Von Elisabeth Aumiller
Julia Fischer besticht nicht nur mit der erlesen sonoren Qualität ihres Geigentons, sondern in großem Maße auch durch ihre klare musikalische Linie in der wunderbaren Phrasierung, die, ganz aus der Musik empfunden und hergeleitet, die jeweilige Tonsprache des Komponisten charakteristisch zur Wirkung bringt.
Bei aller Souveränität der technischen Brillanz kommt sie ganz ohne Effekthascherei aus, zielt offensichtlich darauf, das Werk im Dienst des Komponisten den Zuhörern nahe zu bringen. Ihr Spiel zwingt zum Zuhören, man will keine einzige Note verpassen. Entsprechend aufmerksam lauscht das Auditorium. Dazu kommt ihre positive Ausstrahlung, die unmittelbare Kommunikation mit den Zuhörenden, die nicht den Star herauskehrt, sondern sich als hingebungsvolle Musikerin und Meisterin ihres Instruments vermittelt. Julia Fischer und Milana Chernyavska am Flügel geben ein feines Duo ab, korrespondierend aufeinander abgestimmt und meist gut austariert in der Klangbalance.
In Dvořáks Sonatine G-Dur op.100, die der Komponist zum Zeitpunkt seiner Neunten Sinfonie in New York geschrieben hat, macht Julia Fischer den eingängigen Meldienreigen, bei dem Dvořáks gefühlvolle Klänge auch mit folkloristischen Farben aus der „neuen Welt“ durchsetzt sind, zum geigerischen Juwel. Dieser Glanz, verbunden mit interpretatorischer Ernsthaftigkeit erfährt bei Martinůs Sonate Nr.3 H 303 eine Steigerung an Klangfarben, Ausdrucks-Intensität und Vielfalt der dynamischen Nuancen. Den hohen spieltechnischen Anspruch meistern Geigerin wie Pianistin souverän und liefern ein perfektes Plädoyer für die Schönheit dieses Werks, das zu den Spitzen von Martinůs kammermusikalischem Œvre zählt. Reizvoll kosten die Musikerinnen den Wechsel zwischen dissonanten und harmonischen Passagen aus und geben insgesamt dem Stück eine unbeschwerte und gleichzeitig nachhaltig beeindruckende Note.
Tschaikowskis Méditation aus „Souvenir d'un lieu cher“ op.42 ist die romantische Kantilene schlechthin, in einer Mischung aus Melancholie, Zartheit und Gefühlstiefe. Geigerische Bravour fordert sodann Pablo de Sarasates „Caprice sur Roméo et Juliette“ op. 5 über Themen aus Charles Gounods gleichnamiger Oper.
Fischer lässt die Opernzitate aufleuchten und verwebt sie nahtlos mit der virtuosen Bravour geigerischer Eleganz. In tänzerischer Rhythmik spielt sie temperamentvoll auf und holt sich am Ende begeisterte Zustimmung des Auditoriums. Als charmante Zugabe voll spieltechnischer Raffinessen wählt sie die Tartini-Variationen über ein Thema von Corelli in der Bearbeitung von Fritz Kreisler zum Abschluss eines zauberhaften musikalischen Pfingstmorgens.