„Unwiderstehlichste Wirkung auf jedes empfängliche Gemüt“
HINTERGRUND / PFINGSTFESTSPIELE
13/05/16 Die Oper „Giulietta e Romeo“ von Nicola Antonio Zingarelli steht als besondere Rarität morgen Samstag (14.5.) auf dem Programm der Pfingstfestspiele. Die männliche Titelpartie singt der Countertenor Franco Fagioli. Der in Argentinien geborene Tenor über seinen Zugang zu dem Werk.
Nicola Antonio Zingarelli (1752-1738) war vom Geburtsjahr her nicht weit weg von Mozart, hat diesen freilich um Jahrzehnte überlebt. Seine Oper „Giulietta e Romeo“ war einst sehr erfolgreich und oft gespielt. Das Juwel der neapolitanischen Schule war seit seiner Uraufführung 1796 bis in die späten 1820er Jahre ein derartiger Publikumserfolg, dass es – dem vorherrschenden Operngeschmack der Zeit angepasst – immer wieder in immer neuen Fassungen aufgeführt wurde. Die Partitur der Originalversion bildet die Grundlage für die Aufführung bei den Salzburger Pfingstfestspielen.
Das Werk gehöre nach Ansicht des Countertenors Franco Fagioli „mit Gounods und Bellinis Vertonungen zu den bedeutendsten, die Shakespeares großes literarisches Werk musikalisch zum Leben erwecken“. Es hat es ja sogar zu literarischen Ehren gebracht: E.T.A. Hoffmann schwärmt im zweiten Teil seiner Kreisleriana von der „unbeschreiblichen Macht der unwiderstehlichsten Wirkung auf jedes empfängliche Gemüt“ und charakterisierte damit die seinerzeit zu größter Berühmtheit gelangte Arie „Ombra adorata aspetta“. Damit ruft Romeo nach Einnahme des Giftes den Schatten seiner vermeintlich verstorbenen Geliebten an. Diese Szene ergreife auch ihn ganz besonders, versichert der Sänger. „Aber auch im zweiten Akt, wenn ich Romeos Gebet, 'Preghiera di Romeo' singe, bin ich sehr angerührt. Eigentlich sind es alle Momente und Szenen, in denen es um den erhebenden, rätselvollen Geist der Liebe geht.“
„Diese Oper wurde im 19. Jahrhundert besonders gern und sehr oft gespielt“, sagt Fagioli. „Es gab daher, wie damals nicht unüblich, unterschiedliche Versionen und kompositorische Änderungen, die schon Zingarelli selbst für seine jeweiligen Sänger vornahm, indem er gewisse Passagen ihren individuellen Fähigkeiten anpasste. Für die kommende Aufführung bei den Pfingstfestspielen haben wir eine besondere Version zusammengestellt, die die besten musikalischen Lösungen aller existierenden Fassungen in sich vereint.“
Franco Fagioli ist wohl der richtige Interpret dafür: Die Stimme des in Argentinien geborenen Sängers umfasst ganze drei Oktaven. „Die Leichtigkeit und geradezu übermenschliche stimmliche Beweglichkeit, mit denen er einige der großen Bravournummern bewältigt, sind einfach atemberaubend“, hieß es im „Guardian“ über Fagiolis Album „Arias for Caffarelli“.Die erste Fassung schrieb der Komponist für den berühmten Kastraten Crescentini, „diese begeistert mich am meisten“, versichert Fagioli. Seine Giulietta ist die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg, die im Jahr 2012 mit dem ECHO Klassik für die „Operneinspielung – Oper des 17./18. Jahrhunderts“ ausgezeichnet wurde.