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Tohuwabohu mit Charmebomben

PFINGSTFESTSPIELE / ROSSINI-GALA

09/06/14 Ja, die Bartoli! Sie kann gar nicht genug kriegen vom Singen, zwischen zwei Mal „Cenerentola“ und einem Mal „Otello“ hat sie auch am Pfingstsonntag herumgewirbelt mit brillanten Tönen. Und weil schon ein Klavier mitsamt Spielerin bei der Hand war, hat sie in „La Danza“ auch gleich noch das Tamburin wirbeln lassen.

Von Reinhard Kriechbaum

Dafür ist Ádám Fischer, der vor dem Mozarteumorchester und hinter einer zehnköpfigen Schar illustrer Sänger stand, jetzt wahrscheinlich urlaubsreif. Die Damen und Herren vorwiegend an den ersten Pulten ebenfalls. Wir empfehlen Héviz oder eine andere ungarische Therme.

So nebenbei hat sich Ádám Fischer im Großen Festspielhaus als Kapazität für ein Unfallkrankenhaus qualifiziert: Als Spezialist fürs Einrenken. Er hatte drei Stunden lang wirklich alle Hände voll zu tun. Aber wir wollen nicht anfangen zum Mosern, denn erstens diente diese Rossini-Gala ja einem guten Zweck (der Kinderseelenhilfe Pro Mente Salzburg) – und zweitens hat das Benefizkonzert echt Spaß gemacht.

Die Bartoli also, zwei bekannt wundervolle Tenöre (Juan Diego Flórez und Javier Camarena), zwei tolle Rossini-Bässe (Massimo Cavaletti und Michele Pertusi). Und dann noch eine Schar jener, die Alexander Pereira, der als Moderator zur Charmebombe aufgelaufen ist, als „die großen Sänger von vor zwanzig bis dreißig Jahren“ titulierte.

Haben schon was, all die alten Knacker. Man könnte sie um drei Uhr morgens wachrütteln, und sie würden augenblicklich die Rampensau rauslassen und Rossini zu sprudeln beginnen. Carlos Chausson etwa, der mit zwei Sesseln als Partner Don Magnificos Arie „Sia qualunque delle figlie“ (aus der Cinderella) geradezu taufrisch gestaltet hat. Köstlich Alessandro Corbelli als Don Geronio (Il turco in Italia): Die junge Fiorilla – Ceilia Bartoli – ist dem alten Knaben ordentlich an die Wäsche gegangen, bevor sie ihm gezeigt hat, wer die Herrin im Haus ist. Und da war natürlich noch Grandseigneur Ruggero Raimondi, mit der Arie „La calunnia è un venticello“, Basilios Lehrstück über das Crescendo eines Gerüchts. Da hat tempo- und stimmmäßig rein gar nichts und doch alles gepasst – und auch die Moderation von Pereira („Verleumdung – ein Thema, mit dem ich mich in letzter Zeit auch habe beschäftigen müssen“). Ja, so bös kann es alten Herren ergehen…

Junge sangen natürlich auch: Javier Camarena hat gleich ein Da capo einlegen müssen bei einer Arie aus der Cenerentola. So toll gespickt mit Hochtönen hat er sie, dass es Standing ovations gab. Die bekam übrigens auch José Carreras für die Kavatine des Giocondo aus der selten aufgeführten Oper „La pietra del paragone“.

Von vielen müsste man noch erzählen, von den zehn, die da waren – und von denen die fehlten: Montserrat Caballé hat sich die Hand gebrochen, Erwin Schrott (vormittags noch in Fortissimo-Form) war ganz kurzfristig erkrankt, Teresa Berganza hat sich wohl kurzfristig kalte Füße geholt – ein Gefühl, das Agnes Baltsa, die ursprünglich auch angesagt gewesen war, wohl schon etwas früher verspürte.

Nicht vergessen sei aufs Mozarteumorchester, auf das wunderbaren Englischhorn und die Soloflöte im Kuhreigen der Wilhelm-Tell-Ouvertüre, aufs Hornquartett in der selten zu hörenden Ouvertüre zu „Semiramide“. So ein Abend mit leichter Tendenz zum Chaos kann nur gelingen, wenn wirklich alle auf ihrem Posten stehen.

Üppige Sängerbesetzungen für die „Barbiere di Siviglia“-Aktschlüsse, in unterhaltsamstem Tohuwabohu. Daran beteiligte sich auch der Festspielintendant, der da auch noch mitgesungen hat. „Die Stimmung hinter der Bühne ist super“, hatte Pereira zu Beginn als Strahlemann verkündet. Hat gar nicht lang gedauert, da war sie es auch im Zuschauerraum.

Bilder: Salzburger Festspiele / Silvia Lelli

 

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