asdf
 

Hohepriester der Pianistik

PFINGSTFESTSPIELE / ANDRÁS SCHIFF

19/05/13 „Musikalisches Opfer“ als Titel der Matinee Samstag (18. 6.) leitete sich zwar von Bach her. Dennoch bejubelte das Auditorium András Schiff im Großen Saal des Mozarteums noch mehr wegen der gewichtiger anmutenden Mitstreiter Mozart und Beethoven.

Von Horst Reischenböck

068Die programmatische Chance des Festivals, das „Musikalische Opfer“ BWV 1079 von Johann Sebastian Bach als Ganzes auszuführen - also inklusive aller Kanons und der Tripelsonate - hat man nicht genutzt. Es blieb bei den beiden Ricercare, beginnend mit dem dreistimmigen, Friedrich des Großen einst in Potsdam vorerst gestellter Aufgabe, die Bach dann später fixierte. Er dürfte damals erstmals ein Fortepiano kennen gelernt haben und es spricht mithin viel für die Ausführung auf einem Klavier. Was András Schiff auch logisch vor Ohren führte, indem er überaus transparent die Stimmführungen aufhellte und immer wieder auf das Erscheinen des „königlichen Themas“ verwies.

C-Moll sollte auch im weiteren Verlauf die dominierende Tonart bleiben. Marc Antoine Charpentier empfand sie als „unendlich traurig“ empfand, wogegen laut Bachs Zeitgenossen Johann Mattheson die Anmut und Traurigkeit dieser Tonart gar durch Bewegung belebt werden müsse, um zuviel Süße zu vermeiden, außer man wolle "einschläfern"! Christian Friedrich Daniel Schubart hingegen sah zu Mozarts Tagen in c-Moll sowohl ein Liebesgeständnis wie gleichzeitig Klagen hoffnungsloser Liebe, Schmerz, Sehnsucht und Jammern. Nahezu all dies scheint in der Fantasie KV 475 vereint, die Schiff nahtlos anfügte an Bach: tief schürfend, gegebenenfalls subtil in intimer  Zurücknahme auf Spuren der mannigfach darin einkomponierten gefühlsmäßigen Regungen.

Diese Fantasie wirkte der in der Hauptsache tragisch-dramatischen c-Moll-Sonate KV 457 nicht bloß als deren Präludium vorangestellt. Aus der Sonate lassen sich  möglicherweise auch Bezüge zurück auf Bach heraushören, aber von dem kannte Mozart damals kaum mehr als Fugen des "Wohltemperierten Claviers" bekannt waren.

András Schiff hat da, unterstützt durch die vielfältigen "Register" des phänomenal klingenden Bechstein-Flügels (besonders was Diskant und Bass betrifft) auch auf nachhaltig auf Schubert vorwegnehmende Töne verwiesen. Ob des nicht enden wollenden Beifalls erwies Schiff auch Schubert Reverenz.

Zuvor allerdings führte er nach der Pause in weiter vertiefende Geistigkeit hinein. Vorerst mit Bachs sechsstimmigem Ricercare, auf das er Ludwig van Beethovens letzte Sonate op. 111, wiederum in c-Moll stehend, folgen ließ. Auch aus deren Kopfsatz lassen sich Bezüge auf Bach heraushören - vielleicht war das Mosik, die damals gleichsam "in der Luft lag". Nach diesen kämpferischen Momenten, in mehrfachem Anlauf gleichsam „Erzwingen“ aus den Tasten, führte Schiff dann die Variationen der Arietta beglückend in höchste gedankliche Höhen.

Bild: Salzburger Festspiele / Vivianne Purdon

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014