Cleopatra ist unter uns
IM PORTRÄT / CECILIA BARTOLI
07/06/11 Er habe einen Teil seiner „schönsten Erfahrungen“ gemeinsam mit „Cecilia“ gemacht, sagte Alexander Pereira, der designierte Intendant der Salzburger Festspiele. „Cecila“ präsentierte „ihre“ Pfingstfestspiele mit der unwiderstehlich strahlenden Präsenz, mit der sie auch ihre Bühnenfiguren zum Leben erweckt. „Cleopatra ist noch immer unter uns“, sagt die Bartoli. Niemand wird widersprechen - solange sie die Rolle singt.
Von Heidemarie Klabacher
Der Intendant und die Mezzosopranistin kennen sich vom Opernhaus Zürich, wo Cecilia Bartoli seit etwa zwanzig Jahren alle wichtigen Rollen ihres Fachs von Händel über Mozart bis zu Rossini singt.
Ihr besonderes Interesse gilt vor allem aber auch Werken abseits des gängigen Repertoires. „L’Anima del filosofo“ von Haydn, „Nina“ von Paisiello, „Il turco in Italia“ von Rossini und „Clari“ von Halévy kamen so etwa in Zürich zur Aufführung. Ihre Initiative ist auch die erste szenische Interpretation unserer Tage von Händels „Il trionfo del tempo e del disinganno“ zu verdanken. Im Januar 2011 sang Cecilia Bartoli in Rossinis „Le comte Ory“: Erstmals wurde dafür die rekonstruierte, auf Rossinis eigener Dirigierpartitur fußende, Notenausgabe verwendet. Ein Star für Experten und Fans also.
Seit über zwei Jahrzehnten gilt Cecilia Bartoli als Superstar der klassischen Musik - mit zehn Millionen verkauften CDs, die mehr als hundert Wochen in den internationalen Pop-Charts standen. Goldene Schallplatten, Grammys, neun Echos, ein Bambi, zwei Classical Brit Awards, der Victoire de la musique - es gibt keinen namhaften Preis, den Cecilia Bartoli noch nicht erhalten hat.
Herbert von Karajan, Daniel Barenboim und Nikolaus Harnoncourt wurden auf die junge Sängerin schon aufmerksam, noch bevor sie ihre Gesangsausbildung bei ihren Eltern in Rom abgeschlossen hatte. Seitdem tritt sie regelmäßig mit berühmten Dirigenten, Pianisten und Orchestern in aller Welt auf.
In den letzten Jahren konzentrierte sie sich vor allem auf die Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Ensembles für historische Aufführungspraxis, wie etwa der Akademie für Alte Musik, Les Arts Florissants, Concentus Musicus Wien, Freiburger Barockorchester, Il Giardino Armonico, Kammerorchester Basel, Les Musiciens du Louvre, Orchestra of the Age of Enlightenment oder Orchester La Scintilla.
Projekte mit Orchestern, bei denen Cecilia Bartoli die künstlerische Verantwortung übernimmt, wurden immer wichtiger für sie und fanden in den gemeinsam entwickelten und aufgeführten Programmen mit den Wiener Philharmonikern ihren Höhepunkt. Seit einigen Jahren gilt ihr besonderes Interesse dem frühen 19. Jahrhundert, also der Epoche der italienischen Romantik und des Belcanto, und der legendären Sängerin Maria Malibran.
Den größten Teil von 2009 und 2010 widmete Cecilia Bartoli einer Reise in das Neapel des 18. Jahrhunderts und seiner berühmten Kastraten: Ihr Soloalbum „Sacrificium“ brach alle Verkaufsrekorde, dazu gab sie in ganz Europa Konzerte mit wiederentdeckten Kastraten-Arien. Ein weiterer Höhepunkt waren die konzertanten Aufführungen von Händels „Giulio Cesare“ mit Andreas Scholl und Philippe Jaroussky unter der Leitung von William Christie in der Pariser Salle Pleyel. Für das Kastraten-Projekt erhielt Cecilia Bartolo zu Beginn dieses Jahres ihren fünften Grammy. 2012 ist Cecilia Bartoli Künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele.