Tröstungen für hier und dort
PFINGSTFESTSPIELE / GEISTLICHE MATINEE
22/05/18 Als geistlicher Beitrag zum heurigen Programmschwerpunkt der Pfingstfestspiele ließ der Chor des Bayerischen Rundfunks zwei 1868 entstandene Werke der Antipoden Anton Bruckner und Johannes Brahms zum sich einvernehmlich ergänzenden wunderbaren Sangesfest werden.
Von Elisabeth Aumiller
Bruckner schrieb seine phrygische Motette „Pange lingua et Tantum ergo“ zum Lobpreis der Dreieinigkeit Gottes. Die hymnische Chorweise erwies sich als stimmiger „Vorspann“ zum Hauptwerk. „Ein deutsches Requiem“ gestaltete Brahms nicht als Totenbeweinung, sondern als tröstliche Botschaft für Trauernde und Hoffnung für ein Leben nach dem Tod. Die von ihm dafür ausgewählten Psalmen und diversen Bibeltexte passte der Komponist nicht dem liturgischen Messgewand an, das tröstende Element stellte er über die Trauer: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden“, intonierte der Chor wie mit Engelszungen. „Ihr habt nun Traurigkeit....und euer Herz soll sich freuen“ setzte Genia Kühmeiers Engelsstimme oszillierende Sopranlichter ebenso wie feine Lyrik in „Ich will euch trösten“. „Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden“, prophezeihte André Schuens kultiviert strömender Bariton.
Der Chor des Bayerischen Rundfunks (Einstudierung Howard Arman) war der gefeierte Protagonist dieses beeindruckenden Matinee-Konzerts. Die differenzierende Bandbreite von der feinsten Schwebung bis zur anwachsenden Fülle dieses in sich vermelzenden tonedlen Klangkörpers ist enorm: Präzison, klar verständliche Artikulation, werkgerechte Stilsicherheit, feierliche Ernsthaftigkeit in fließender Kantabilität und textbezogene Ausdrucksschattierungen in vokaler Qualität zeigten sich als die Stärken des Chors.
Zum Gesamterlebnis dieses eindringlich gestalteten Requiems leisteten auch die beiden Vokalsolisten ihren schätzenswerten Beitrag: Genia Kühmeier mit ihrem warm leuchtenden makellosen Sopran und André Schuen mit ausdrucksvollem und exzellent geführtem Bariton. Nicht minder eindrucksvoll waren die Intensität und Musikalität, mit der die beiden Pianisten Pierre-Laurent Aimard und Markus Hinterhäuser an zwei Konzertflügeln anstelle des Orchesters Chor und Solisten die klingende Basis gaben. Hier kam nämlich die sogenannte Londoner Fassung für Klavier zu vier Händen zur Aufführung. Brahms selbst hatte diese Version erstellt, wenngleich eher widerwillig, wie er selbst verlautbarte, aber es war damals vielfach Usus, große Orchesterkompositionen auch in Klavierfassungen zwecks größerer Verbreitung publik zu machen. Das Ergebnis hier sprach für diese Wahl, gab dem Chor das Primat, brachte dem Ohr aber auch viele musikalische Details und Klangcharakteristiken nahe. In dieser Interpretation eine interessante und bereichernde Alternative, gut geführt und inspiriert auch vom Dirigenten Jérémie Rhorer, vor allem in seiner Korrespondenz mit dem Chor. Zügige Tempi ergaben schwebende beglückende Wirkung, daneben blieb genügend Raum für die Innigkeit, Ruhe und den Ernst des vokalen Ausdrucks in den Mollsequenzen. Fein integrierte Umschwünge unterschiedlicher Stimmungen zeigten Wendigkeit und Flexibilität des Dirigenten, der Pianisten sowie aller Vokalisten.