Geigerin für alle Jahreszeiten
PFINGSTFESTSPIELE / ANNE-SOPHIE MUTTER
05/06/17 Die deutsche Geigerin Anne-Sophie Mutter feierte in der Matinee am 4. Juni ein besonderes Jubiläum – 40 Jahre bei den Salzburger Festspielen. Damals war sie ein von Karajan entdecktes 13jähriges „Wunderkind“ und spielte Mozart, was sonst. Sie gehört zu jenen „Wunderkindern“, die es geschafft haben, eine große „erwachsene“ Karriere zu machen.
Von Gottfried Franz Kasparek
„Die Mutter“ ist seit damals ein Fixstern am Klassikhimmel, dem auch manche Eintrübungen nichts ausgemacht haben. Wer sich über ihre mitunter leicht angestaubten, allzu süß gestimmten Klassik-Interpretationen ein wenig mokiert, sollte nicht vergessen, dass die zweifellos charismatische Künstlerin bedeutende Verdienste um die groß oder klein geschriebene neue Musik hat und sich immer wieder für die Moderne einsetzt. Von Lutoslawski bis zur Gubaidulina haben ihr viele Große der Avantgarde Konzerte in die virtuosen Finger geschrieben. Schade, dass dies in diesem Konzert nur im Programmheft stand – ein wenig nachgeholt wird es im Sommer werden.
Seit 2011 gibt es „Mutter’s Virtuosi“, ein Kammerensemble ihrer Schützlinge, und überhaupt nimmt sie sich der musikalischen Jugend liebevoll an. Die Virtuosi waren denn auch ihre Partner im Großen Festspielhaus. Im ersten Teil erklangen Franz Schuberts Notturno für Klaviertrio und das Forellenquintett, Musik, die einen intimeren Rahmen braucht, die aber natürlich auch hier ihre singuläre Qualität entfaltet. Man hört halt ein bisschen viel quasi aus der Ferne, trotz unten gelassenem Eisernem Vorhang und einer kleinen Akustikmuschel hinter dem Ensemble. Zu hören war, dass Anne-Sophie Mutter auch eine partnerschaftlich agierende Kammermusikerin mit schwelgerischem Klang und im Quintett auch Spielwitz ist, dass der Pianist Daniil Trifonov sorgfältige Akzente setzen kann, dass Hwayoon Lee, Bratsche, Maximilian Hornung, Cello, und der Kontrabassist Roman Portkaló famose Vertreter ihrer Instrumente sind, die ihren Schubert gut studiert haben. Und im Notturno und im Variationensatz des Quintetts gab es sogar Momente der Berührung. Trotzdem wäre es schöner, diese durchaus edle Formation im Mozarteum zu hören.
Nach der Pause versammelten sich die Genannten und dazu noch weitere junge Musizierende rund um die Diva des Abends und den väterlich wirkenden Cembalisten Knut Johannessen zu einer nun tatsächlich mitreißenden Aufführung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Wer glaubte, diesen „Reißer“ schon in- und auswendig zu kennen, in allen möglichen Varianten, wurde eines Besseren belehrt. Denn Anne-Sophie Mutter begreift ihren Solopart als eine einzige, weit atmende, vor Verzierungen strotzende Gesangszene, sozusagen ein Lied von der Natur. Dies mag oft sehr romantisch klingen, obwohl das Vibrato eher zurückhaltend eingesetzt wird, aber es klingt einfach in sich stimmig.
Einen edlen Ton, der verzaubern kann, hat „die Mutter“ einfach drauf wie kaum eine andere. Da konnte man sich mitunter beseligt zurücklehnen und vom Frühling in Italien träumen, zum Beispiel, und alle Vöglein waren da. Allerdings wurde man vom dräuenden Sommergewitter und vom des Eises Kälte rechtzeitig wach gerüttelt, denn die scharfen Kontrastwirkungen des Stücks wurden, auf Hochglanz poliert, vom ganzen mitatmenden Ensemble entsprechend zu Gehör gebracht.
Standing ovations am Ende, und verdiente!