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Ein Fest zweier Stimmen

PFINGSTFESTSPIELE / ORCHESTRA SANTA CECILIA / ANTONIO PAPPANO

04/06/17 Einhellige Begeisterung für das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Roma unter seinem Chefdirigenten Sir Antonio Pappano bei seinem Salzburg-Debüt im Großen Festspielhaus mit Mendelssohn, Wagner und Verdi.

Von Horst Reischenböck

Auch die musikalische Romantik war für Inspiration durch die Landschaft empfänglich. Potenziert wurde das noch durch die Literatur, wie im Fall von Felix Mendelssohn Bartholdy. Seine Eindrücke einer Reise nach Schottland – dieses Jahr im Fokus der Pfingstfestspiele – verarbeitete er musikalisch vorerst in Konzert-Ouvertüren. „Meeresstille und glückliche Fahrt“: Eine Kanalüberquerung per Segelschiff, mit Warten auf Wind, ist kaum mehr vorstellbar. Solche Eindrücke sind unüberhörbar, auch im Wellenschlag, mit dem sein h-Moll-Opus 26 „Die Hebriden“ beginnt, englisch mit Bezug auf das Dichter-Pseudonym Ossian „Fingal’s Cave“ betitelt.

Damit faszinierte schon zu Beginn am Samstagnachmittag (3. 6.) das Orchestra Santa Cecilia, beschworen durch die Hände des trotz italienischer Vorfahren gebürtigen Engländers Antonio Pappano. Jahrhundertelang galt Italien ja nicht gerade als Land sinfonischer Klangkörper: Seit seinem Amtsantritt führte er die Römer in Aufnahmen von Robert Schumann-Sinfonien und Sir Edward Elgar auf internationales Spitzenniveau.

Von den „Hebriden“ war auch Richard Wagner nicht unbeeinflusst, dem die Fahrt über den Kanal den Anstoß gab zum „Fliegenden Holländer“. In der Urfassung war die Geschichte noch in Schottland angesiedelt. Mit dem Walliser Bariton Bryn Terfel betrat nicht nur körperlich ein Hüne das Podium. Den Holländer-Monolog reizte er stimmlich bis an die Grenzen seines voluminösen Organs aus. Voll eigener Verachtung, schicksalsgebunden, hoffnungslos, schlicht grandios und bis in letzte Facetten hinein wortverständlich – ein Ereignis von Sonderklasse.

Genauso von innerlichem Zweifel getragen dann Kavatine und Arie „Pietà, rispetto, amore“, die Arie des Macbeth aus Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper. Ihr drückte Tatiana Serjan ihren Stempel aufprägte. Der Komponist hatte ausdrücklich keine „schöne“ Stimme gefordert: Nichtsdestoweniger verband die russische Sopranistin beides, leidenschaftlichen Ausdruck ihrer letztendlich Untergang geweihten Situation und überzeugende vokale Gestaltung durch alle Register hindurch. Eine ideale Interpretin dieser Rolle. Virausgeschickt ward das Macbeth-Orchestervorspiel, wie von einem italienischen Orchester nicht anders zu erwarten, mit originaler Kontrabassposaune anstelle der bei uns üblichen Tuba.

Mendelssohns „Schottische“ a-Moll-Sinfonie Nr. 3 op. 56 zeitigte in ihrer Leidenschaft vor allem im Allegro Vivacissimo, dem aus Angst vor zu viel Programmatik ihr Komponist vorsorglich das Attribut „kriegerisch“ strich, das Orchester nochmals in Topform. Subtil differenziert der sonore Streicherteppich vom einleitenden Andante bis in den hymnischen Ausklang hinein. Berührend das melancholisch traurige Klarinettenduo und prächtig das Quartett seiner Hörner. Unter Pappanos instruktíver Leitung eine Interpretation aus einem Guss, nach der alle Beteiligten mit dem Tanz der Hexen, 3. Teil aus der Macbeth-Ballettmusik, nochmals ihr Herzblut verströmten.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borelli

 

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