Nächstes Jahr kommt „Otello“
OSTERFESTSPIELE / VORSCHAU 2016 UND ZWISCHENBILANZ
29/03/15 Wie lange es ihn wohl noch geben werde in Salzburg, als Künstlerischen Leiter der Osterfestspiele? „Wir sind da“, sagt Christian Thielemann lakonisch und schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen, „weil ich die Frage schon nicht mehr hören kann“.
Von Reinhard Kriechbaum
Die Fotografin, die die Szene im Bild festhält, kriegt sofort einen Rüffel: „Man braucht nur ein Gesicht zu machen, schon drückt jemand ab.“ Man ist schließlich nicht nur Maestro, auch ein bisserl Mimose. Sonst aber ausschließlich glückliche Gesichter am Pressekonferenztisch, an diesem Sonntagmittag (29.3.) nach der Osterfestspiel-Premiere von „Cavalleria rusticana“ und „Pagliacci“. Thielemann nützt diesen Termin gerne, um über die Akustik des Hauses zu reden: „Man kann an diesem Platz an Stellschrauben drehen, zu denen man sonst gar nicht kommt.“
Im kommenden Jahr wird Thielemann an den Stellschrauben zu Verdis „Otello“ hantieren. Vincent Boussard wird inszenieren. Johan Botha ist für die Titelrolle unter Vertrag – so wie er gestalte sie derzeit keiner, versichert Thielemann. Desdemona wird Dorothea Röschmann sein. Dmitri Hvorostovsky wird ihr als Jago den Garaus machen. Am 19. März 2016 wird Premiere sein.
Dass er nicht immer nur viel Wagner, sondern eben auch italienische Oper dirigiert hat, das will Christian Thielemann künftig auch bei den Osterfestspielen festgehalten wissen. Deshalb „Otello“. Und italienisch wird es wohl auch weitergehen, lässt Peter Ruzicka durchblicken, ohne Titel zu nennen. Ruzicka, von 2001 bis 2006 Intendant der Festspiele im Sommer, ist ab nächstem Jahr Geschäftsführender Intendant der Osterfestspiele Salzburg. Thielemann und Ruzicka haben spürbar Vertrauen zueinander. „Peter Ruzicka ist schuld daran, dass ich so früh ins Wagner-Fach gekommen bin“, erinnert sich Thielemann. Damals war Ruzicka Intendant in Hamburg und Thielemann durfte (oder musste) als junger Hupf kopfüber ins kalte Wagner-Wasser springen. „Wagner machen sonst die Chefs, und die sind nicht mehr zwanzig.“
Peter Ruzicka ist also ab nächstem Jahr “Kopilot – aber ein gutwilliger.“ „Otello“ als Oper, da sei Shakespeare „auch eine Herausforderung fürs Konzertprogramm. Da wird man also von Mendelssohns „Sommernachtstraum“-Ouvertüre und Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“ bis zu Hans Werner Henzes Achter Symphonie (die vom „Sommernachtstraum“ inspiriert ist) allerlei an Shakespeare Orientiertes zu hören bekommen. Letztere dirigiert als Salzburg- und Osterfestspiel-Debütant Vladimir Jurowski. Rudolf Buchbinder spielt das Erste Klavierkonzert von Beethoven, für dessen Tripelkonzert sind Anne-Sophie Mutter (Violine), Lynn Harrell (Violoncello) und Yefim Bronfmann (Klavier) eingeladen. Thielemann dirigiert Beethovens „Missa solemnis“.
Fürs „Konzert für Salzburg“ hat man diesmal auch den Dresdner Kreuzchor eingeladen, nach der Freischütz-Ouvertüre übergibt Thielemann den Dirigentenstab Roderich Kreile, der eine Messe von Weber und Bachs h-Moll-Messe leiten wird. Wer den Namen noch nicht gehört hat: Roderich Kreile ist Kreuz-Kantor (und solche scheinen selten auf den Listen jetsettender Dirigenten auf). Für die Kammerkonzerte schreibt Manfred Trojahn als Auftragskomposition „Four Women für Shakespeare“.
Sehr zufrieden schaut im Moment auch Bernd Gaubinger, der Finanzchef der Osterfestspiele, drein. Zur Stunde sei das Vorjahrs-Einspielergebnis bereits um zehn Prozent übertroffen. Es sei eine Auslastung „deutlich über 90 Prozent“ zu erwarten (in den Vorjahren: um die 88 Prozent). Der Förderverein sei um 17 Prozent gestärkt, es seien nämlich 300 neue Mitglieder dazu gekommen. Er trage 13 bis 14 Prozent zum Budget bei – und das heiße auch, dass man die von den Subventionsgebern (Stadt, Land, Tourismusfonds) zugesicherte Ausfallshaftung (eine Million Euro) in den vergangenen Jahren „nur zu etwa 60 Prozent in Anspruch genommen“ habe. Vermutlich wird ab nächstem Jahr eine andere Autoflotte als bisher vor dem Festspielhaus auffahren: VW wird Generalsponsor (derzeit ist das noch Audi).