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Mutterwitz für alte und neue Sachen

OSTERFESTSPIELE / KAMMERKONZERTE

04/04/23 Die beiden Kammerkonzert-Matineen der Osterfestspiele präsentieren heuer Ensembles, die viel Tradition ins Treffen führen können. Das Gewandhaus-Quartett, das heute Dienstag (4.4.) spielte, kann auf eine über zweihundertjährige Geschichte zurückblicken. 1808 ist das erste Mal eine Formation aus dem Orchester in Quartettbesetzung in Erscheinung getreten.

Von Reinhard Kriechbaum

Das Gewandhaus-Bläserquintett ist immerhin auch eine der ältesten Kammermusikformationen ihrer Art. Der Dirigent Arthur Nikisch war in den 1880er Jahren Anreger dfür dass sich Solobläser seines Orchesters zusammenfanden. Im Konzert am Palmsonntag im Großen Saal des Mozarteums hat man aber weniger über die Ensembletradition als solche nachgedacht, sondern eher über die Entwicklung der Blasinstrumente in der Zeit der Wiener Klassik, standen doch mit Mozarts Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Es-Dur KV 452 und dem Quintett Es-Dur op. 16 von Beethoven zwei Solitäre auf dem Programm. Wahlverwandte insofern, als das eine Werk mehr oder weniger unmittelbar Vorbild fürs andere war. 1784 wurde das eine aus der Taufe gehoben, 1797 das andere. Eine scheinbar geringe Zeitspanne, in der sich aber viel getan hat im Instrumentenbau. Da wurde eifrigst experimentiert mit Klappen, und man darf vielleicht salopp sagen: Der junge Beethoven durfte zwar noch mit „old fashioned“ Musikern rechnen, aber mit deutlich veränderten Instrumenten, deren Möglichkeiten er zu nutzen wusste.

Das mag einer der Gründe gewesen sein, warum die Beethoven-Wiedergabe durch das natürlich auf modernem Instrumentarium spielende Gewandhaus-Bläserquintett entschieden mehr überzeugte als jene des Mozart-Stücks. Da schienen die Individualitäten gar ein wenig ruppig aneinander und vor allem ein bisserl vorlaut ans Klavier zu geraten, an dem Kirill Gerstein wirkte. Vielleicht sind wir Salzburger Hörer ein wenig verwöhnt von der einen oder anderen (seltenen) Begegnung zur Mozartwoche. Man hat sich da jedenfalls das leisere Charisma von Originalinstrumenten herbei gewünscht und dafür gerne auf die eine oder andere brillante Wendung verzichtet. Beethovens Quintett bietet durchgängig mehr dialogische Angebot fürs Klavier und die einzelnen Instrumente – und die passten dafür auch einfach besser.

Eröffnet haben Katalin Stefula (Flöte), Amanda Taurina (Oboe), Peter Schurrock (Klarinette) Ralg Götz (Horn) und Albert Kegel (Fagott) ihre Sonntags-Matinee mit Hanns Eislers Divertimento op. 4 von 1923. Eisler hatte etwas, was den meisten anderen Schönberg-Schülern mehrheitlich doch eher abgegangen ist: Witz und Pfiffigkeit. So gute Laune trotz zwölftöniger Themen, hier mit Mutterwitz aufbereitet. Und dann noch ein kleiner Ausflug in die eigene Tradition: Das Gewandhausorchester hat1930 Brecht/Weills Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny aus der Taufe gehoben. Fünf Nummern daraus hat Christian Muthspiel fürs Gewandhaus-Bläserquintett arrangiert. Da kommen einige Gassenhauer vor, vom Blues-artigen Wie man sich bettet so liegt man über den ur-witzig als träger langsamer Walzer daherkommenden Jetzt hab ich gegessen zwei Kälber bis zum „Flotter Marsch“ überschiebenen Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Hat alles seine Wirkung nicht verfehlt, weil es nicht an Ironie und Charme fehlte.

 

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