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Italienischer Prosciutto, französische Träume

OSTERFESTSPIELE / STAATSKAPELLE / OROZCO-ESTRADA

26/03/18 Wäre dieses „Preludio sinfonico“ von einem Komponisten auf der Ebene von Max Bruch oder einem anderen Nebenfront-Spätromantiker, würde man sagen: Da ist ein deutscher Komponist zum Melodie-Auftanken auf Sommerfrische nach Italien gefahren...

Von Reinhard Kriechbaum

Das kaum einmal im Konzertsaal zu hörende Stück ist aber von Puccini, eine Arbeit, die er als 23jähriger Musikstudent in Mailand 1882 höchst respektabel meisterte. Da hatte er seinen Wagner und dessen Waldweben studiert, in feinen Bläsersatz gefasst – und von diesem weg steuerte Puccini in die ihm weitaus näher liegende italienische Melodienseligkeit. Gut beraten, wer sich wie Andrés Orozco-Estrada mit der Staatskapelle Dresden durch die Opulenz treiben lässt: So ist das „Preludio sinfonico“ richtig bewertet, ein opulentes Zehn-Minuten-Stück aus dem Lande des saftigen Prosciutto. Fein, das mal quasi hautnah live zu erleben.

Warum hat das Osterfestspiel-Publikum am Sonntag (25.3.) im Großen Festspielhaus darauf gar so lau reagiert? Die Leute wirkten auch von Katia und Marielle Labèque erst so richtig überzeugt, nachdem sie ihren Zugaben-Dauerbrenner, ein Stück aus den „Four Movements“ von Philip Glass hatten rasseln lassen. Dabei ist ihre Sicht auf Mozarts Konzert für zwei Klaviere Es-Dur KV 365 durchaus attraktiv. Auf der Grundlage der von Orozco-Estrada vorgegebenen fast zackig-präzisen Orchesterbegleitung erlaubten sich die beiden deutlich mehr Rubati, als man heutzutage Mozart gemeinhin zugesteht.

Mit diesen kleinen Freizügigkeiten in Dehnungen und Drückern falteten die Schwestern Labèque die dialogischen Strukturen und Mozarts feingliedrige Melodievarianten wirklich plastisch auf. Vor etwas über einem Jahr, in der Mozartwoche 2016, haben die beiden dasselbe Stück hören lassen, damals mit dem Mozarteumorchester und ohne Dirigenten – es war diesmal aufschlussreich zu beobachten, wie viel freier Solistinnen sich bewegen können, wenn sie eine Sorge (jene um die Begleitung) aus dem Kopf haben. Mit Stilkritik dürfte man ihrem irgendwie romantisch-verspielten Mozart freilich nicht kommen.

Weiterer Kulissenwechsel, Berlioz' „Symphonie fantastique“ nach der Pause. Das war große Orchesterklasse: die wundersam individuell hervortretenden, sich aber auch gediegen mischenden Holzbläser, die schier schlafwandlerisch sicheren, fast samtenen Einsätze der Hörner, insgesamt ein seidig-eleganter Streicherklang. Überhaupt schien Andrés Orozco-Estrada gerade nicht auf die Berlioz immer wieder nachgesagte Hitzköpfigkeit, sondern zumindest in gleichem Maß auf französische Elegance hinzuzielen. Da fügten sich die „Réveries“, die Träumereien, im ersten Satz aus feinen Gedanken-Gespinsten zur „Idee fixe“ von der Geliebten, in einer Dramaturgie, die man so subtil erst hinkriegen muss. In der ländlichen Szene wurde der Raumklang höchst effektvoll genutzt mit der Fern-Oboe aus luftigen Höhen im Dialog mit dem präsenten Englischhorn. Auch die Glocken zum Dies irae kamen schließlich von draußen, und der turbulenteste Walpurgisnacht-Hexensabbat hatte schließlich viel Feines und Pikantes. Darauf gab's wirklich Jubel.

Das Konzert wird am 1. April um 19 Uhr wiederholt – www.osterfestspiele-salzburg.at
Bilder: Osterfestspiele / Mila (1); Martin Siegmund (1)

 

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