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Ein Fenster in die französische Spätromantik

OSTERFESTSPIELE / STAATSKAPELLE / MYUNG-WHUN CHUNG

11/04/17 Festspiel-Luxus: Das ist, wenn man Anna Prohaska für ein winziges (wenn auch exponiertes) Sopran-Solo im „Requiem“ von Gabriel Fauré holt. Oder gar Cameron Carpenter, den Pop-Star unter den Organisten, in der „Orgelsymphonie“ von Camille Saint-Saëns ganz hinten sitzen lässt und nicht mal für den Applaus nach vorne holt. Das ist Understatement.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein weit offenes Fenster also in die französische Spätromantik, zwei Werke, die man absolut nicht jedes Jahr haben muss, aber alle zehn Jahre vielleicht ja doch. Mit dem Fauré-Requiem tut man sich, zugegeben, schwer, wenn man (wie hierzulande eigentlich gar nicht anders möglich) in der süddeutsch-österreichischen Kirchenmusik sozialisiert ist. Der flächige, schmeichelweiche Chorsatz, der oft unendliche Harmonie- und Melodiefluss, sanft und melancholisch: Da könnte unsereinem schon das Wort Trantütenmusik in den Sinn kommen. Ist Franzosen das Brahms-Requiem eigentlich auch so fremd?

Es sind freilich auch echte Wunschkonzert-Reißer drin, das wirkungsvoll Frauen- und Männerchor gegenüberstellende Sanctus etwa, der „Pie Jesu“-Faserschmeichler des Solosoprans und das nicht weniger ohrenverwöhnende „In paradisum“.

Howard Arman hat seinem Chor des Bayerischen Rundfunks – stilistisch wohl korrekt – alle Konsonanten untersagt und Myung-Whun Chung am Pult der Sächsischen Staatskapelle schließlich mit sicherer Hand dafür gesorgt, dass Chor- und Orchesterklang ohne verkitschende Schnörksel auskamen (die größte Verführung, die in dieser Musik lauert). Auch der Bariton Adrian Eröd hat seine beiden Soli mit allergrößter Disziplin stimmlich erglühen lassen, aber nicht verkitscht. Und auch Anna Prohaska war die Selbstkontrolle in Person.

Die Symphonie Nr. 3 c-Moll op. 78 ist ob des vernehmlichen Gebrauses als „Orgelsymphonie“ in die Musikgeschichte eingegangen und dort liegen geblieben: Das Urteil der Geschichte ist eben – zumindest für die Konzertsäle außerhalb Frankreichs – gegen Camille Saint-Saëns insgesamt ausgegangen. Und im Bereich der spätromantischen Symphonik aus Frankreich hat sich letztlich allein die d-Moll-Symphonie von César Franck behaupten können.

Myung-Whun Chung und die mit höchster Spieldisziplin und Klangkultur aufwartenden Bläser (vornehmlich das Holz) der Staatskapelle haben trotzdem einige Vorzüge der Orgelsymphonie gut heraus gebracht. Saint-Saëns verstand sich handwerklich perfekt auf den Kontrapunkt, und in der Instrumentation steckt viel Berückendes in dieser Partitur. Aber eben auch manch Leerlauf, und die Banalität, mit dem das Werk seinem effekthascherischen Ende zuläuft, ist eben zu nichts anderem als zum Applaustreiben gut. Das hat funktioniert.

Das Konzert wird am Karfreitag (14.4.) wiederholt – www.osterfestspiele-salzburg.at
Hörfunkübertragung am Karsamstag (15.4.) um 15.05 auf Ö1
Bilder: OFS/Creutziger

 

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