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Eine wirklich neue Welt

OSTERFESTSPIELE / WIENER PHILHARMONIKER / THIELEMANN

11/04/17 Es wird nicht gekleckert zum Fünfzig-Jahre-Jubiläum der Osterfestspiele: Die Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann und Beethovens „Neunte“: Das gab es am Montag (10.4.) quasi als Vorspann zum Hauptabendprogramm.

Von Reinhard Kriechbaum

Um 17 Uhr war's rammelvoll, das Abendkonzert (mit dem Requiem von Gabriel Fauré und der Orgelsymphonie von Camille Saint-Saëns) haben dann eh einige gespritzt. Das Votum des Publikums ist also eindeutig ausgegangen an diesem Abend, obwohl es Thielemann einem so leicht nicht macht mit der „Neunten“. Dass der Töne freudenvollere und angenehmere sich nicht von selbst einstellen, dass es ein respektables Kräftemessen, ja ein Gerangel ist bis dahin, das macht Thielemann sehr bewusst. Die absolut nicht freudenvolleren Töne also zuerst: geschärft, direkt, mit einer gewissen ruppigen Unerbittlichkeit.

Thielemann hat Persönlichkeit genug, den Wiener Philharmonikern die Schneid abzukaufen und ihnen erst mal jede unverbindliche Routine-Schönheit auszureden. Da wird das Vibrato schon mal deutlich zurückgeschraubt, der Streicherklang deutlich fahler getönt oder deutlich aggressiv getrimmt. Und es gibt – das gilt vor allem auch für die Holzbläser – absolut keinen Schlendrian wenn es drum geht, Zeitmaße durchzuhalten.Man geht mit deutlich mehr Fragen als Antworten aus den ersten beiden Sätzen, und das ist gut so.

Selbst das Adagio braucht in dieser strengen Lesart eine nicht unbeträchtliche Anlaufzeit bis zur tendenziellen Aufhellung. Die neue Welt, die lässt Thielmann wirklich erst anbrechen, wenn das Thema des Schlusschors zum ersten Mal im Orchester auftaucht. Die Generalpause davor lässt Thielemann so unendlich lang halten, dass man gar nicht anders kann, als an die ultimative Wandlung zum Besseren zu glauben. Da ist alles weggewischt, alles Unheilvolle vergessen gemacht: Eben auch das evidente Ringen um die Lyrik im dritten Satz, die eigentlich erst dann versöhnliche Kontur bekommt, wenn die zweiten Geigen das Thema einführen.

Der Wiener Singverein profitierte dann sehr von Christian Thielemanns Artikulations-Durchlüftung. Die exponierte Sopran-Lage ist fordernd genug. Und zum Solisten-Import aus der Osterfestspiel-Walküre – Anja Harteros, Christa Mayer, Peter Seiffert und Georg Zeppenfeld – kann man nach diesem Konzert nur sagen: Never change a winning team! Dazu passend und erwartungsgemäß: Standing ovations.

Bilder: OFS/Matthias Creutziger

 

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