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Das Lied vom Abschied

OSTERFESTSPIELE / SÄCHSISCHE STAATSKAPELLE / FRANZ WELSER-MÖST

10/04/17 Das erste Orchesterkonzert der Osterfestspiele stand im alleinigen Zeichen von Gustav Mahlers letzter eigenhändig vollendeter Sinfonie. Franz Welser-Möst dirigierte die phänomenal aufspielenden Dresdner Sonntag (9. 4.) im Großen Festspielhaus. Packend, überwältigend.

Von Horst Reischenböck

Gustav Mahler hatte panische Angst vor einer Neunten Sinfonie, nachdem diese für Ludwig van Beethoven und Antonin Dvořák, so wie im vergangenen Jahrhundert dann noch Egon Wellesz, die letzten gewesen waren und Anton Bruckner über seiner „Neunten“ verstarb. Da wusste Mahler noch nicht, dass er sogar eine Zehnte beginnen sollte. Vorerst umschiffte er elegant das Problem, indem der „Das Lied von der Erde“ nicht nummerierte. In ihrem großen Ende setzte er sich bereits intensiv mit dem Abschied auseinander.

Der wurde ihm im Nachfolge-Opus, eben der 9. Sinfonie in D-Dur, zum zentralen Thema, indem er diese mit einem berührend erschütternden Adagio beschloss. Darin analog der Vorlage von Pjotr Iljitsch Tschaikowskys „Pathetique“, von der sich Mahler allerdings später distanzierte.

Mahlers „sehr langsam und noch zurückhaltend“ sogar Adagissimo als sein persönlicher Abschied von der Welt in vierfachem Piano ausklingendes, erschütterndes Finale gestaltete Franz Welser-Möst phänomenal, zum Niederknien berührend. Zusammen mit den darin nochmals zu grandioser Form auflaufend zärtlich samtweich auch gefordert solistisch – Bratsche und Cello – agierenden Streichern der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Der Dirigent verharrte auch nachdenklich nach dem „ersterbend“ auszuführenden letzten Ton und verordnete so ein Besinnen auf die Aussage, indem er rechtens vorerst einmal nach solcher Leistung den schon zu spontan ausbrechendem Applaus bereiten Händen und lautstarkem Jubel Einhalt gebot.

Gipfel einer Aussage, die schon im eröffnenden Andante tastend zögerlich mit mehrfach wiederholter „Leb' wohl“-Geste auf Suche gegangen war. Rhythmisch ähnlich Richard Strauss' Tondichtung „Tod und Verklärung“. Dann aber, von den Musikern hier überwältigend umgesetzt, Blech-gepanzert in ausweglosem Konflikt zur Schlacht getrieben, die, letztlich verloren, erschütternd mit Totenglocken aushaucht. Danach trieb Welser-Möst das Orchester kraftvoll in die bewusste Trivialität der vielschichtig überlagernd nochmals Leben erzwingend bizarr parodierenden Ländler-Episode, aggressiv aller Volkstümlichkeit abhold.

Darauf als nochmalige Steigerung, in atemberaubendes Tempo hinein gehetzt, der Furor, mit dem Welser-Möst mit der thematisch eng verschachtelt vertrackten Rondo-Burleske dem noch eins drauf setzte. Dieser Satz weist kompositorisch weit in die Zukunft und ist, laut dem nicht mehr vorhandenen Autograf Mahlers, ironisch, wenn nicht gar höhnisch „Meinen Brüdern in Apoll“ zueignet. Von der Staatskapelle wurde das grandios virtuos umgesetzt, speziell auch seitens der tonschön differenziert agierenden Holzbläser und Hörner eine fulminante Leistung.

Im zweiten Osterfestspiel-Zyklus wird dieses Konzert am Karsamstag (15.4.) um 19 Uhr im Großen Festspielhaus wiederholt – www.osterfestspiele-salzburg.at
Bilder: OFS/Creutziger

 

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