An den Ursprungsort zurück
TOUJOURS MOZART / 25-JAHRE-JUBILÄUM
27/02/23 Als das Mozartfest Toujours Mozart 1997 in der Salzburger Residenz das erste Mal ausgerichtet wurde, zeitgleich mit der Mozartwoche der Stiftung, ist das am Ort eher als Konkurrenzierung denn als Bereicherung wahrgenommen worden. Dahinter steht der Münchner Erich Fischer, den man zurecht als Philanthrop bezeichnen darf.
Von Horst Reischenböck
und Reinhard Kriechbaum
Als das Mozartfest Toujours Mozart 1997 in der Salzburger Residenz das erste Mal ausgerichtet wurde, ausgerechnet zeitgleich mit der Mozartwoche der Stiftung, ist das am Ort eher als Konkurrenzveranstaltung denn als Bereicherung wahrgenommen worden. Schließlich hatte Ernst Fischer schon 1995 mächtig Stimmung gemacht gegen die Mozartwoche, weil auch "zunehmend Werke anderer Komponisten" dort aufgeführt wurden. Den Aufruf zur Unterschriftenaktion kann man auf der Homepage seiner Kulturstiftung abrufen.
Den Münchner Erich Fischer darf man freilich als Philanthropen bezeichnen. Er war ein Unternehmer in der Elektronikbranche. Schon in der Wirtschaftswunderzeit dachte er nach über die sich anbahnende ungleichgewichtige Verteilung von Vermögen. Der zur Fratze gewordene Wirtschaftsliberalismus hat ihm nachträglich Recht gegeben.
Erich Fischer übertrug ein Drittel seines Vermögens an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, machte sie also zu Firmen-Beteiligten. Ein weiteres Drittel brachte er 1995 in die Gemeinnützige Internationale Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation ein. Als alleiniger Stiftungsvorstand (bis 2010) brachte er seine Vorstellungen ein: Da gehörte das Seniorenprojekt Musik am Nachmittag ebenso dazu wie eine Initiative für Strafgefangene. Und eben auch das zweitägige Fest Toujours Mozart. Ob des quasi barrierefreien Zugangs zur Musik des Genius loci war es zumindest unterschwellig ja doch als Gegenprojekt zur Mozartwoche gedacht. In Salzburg ist es nur am Rande wahrgenommen worden, schon gar nicht mit seinem gesellschafts-/kulturpolitischen Hintergrund. Eher kam das Publikum aus Bayern, wo Erich Fischer und seine Stiftung ja vor allem wirk(t)en.
Toujours Mozart hat sich dann geographisch weiterbewegt: In Salzburg fand es bis 2006 jedes Jahr rund um Mozarts Geburtstag statt, dann nochmal 2008 und 2010. Prag, Wien, Magdeburg, Augsburg kamen dazu, mit Offenbach am Rhein kam schließlich eine weitere Stadt mit Mozart-Bezug dazu (dort ist der Verlag André beheimatet, bei dem so manches Werk von Mozart herausgekommen ist). Schließlich gab's Toujours Mozart sogar drei Mal in Israel, zuletzt im herbst 2022 in Tel Aviv. Zum 25-Jahre-Jubiläum ist die Veranstaltung wieder an den Ursprungsort zurückgekehrt, am verghangenen Wochenende (25./26.2.) in die Salzburger Residenz.
Wir waren am Sonntag dabei. Da stimmte Alexander Kuralionok im Carabinierisaal auf dem Akkordeon die Klaviersonate Es-Dur KV 189g (282) an, hingebungsvoll und dermaßen perfekt, als wäre sie nie für ein anderes Instrument als das seine erdacht worden.
Danach lief das musikalische Geschehen hauptsächlich im Rittersaal ab. Zunächst bot Helmut Schmitt am Stutzflügel Mozart – ja schon, aber welchen Mozart? Die vier Polonaises Mélancoliques op. 22 von Sohn Franz Xaver. Mit diesen ausdrucksstarken Miniaturen, die er im heute ukrainischen Lemberg komponierte, bereitete er Fréderic Chopin den Weg. Übrigens: Franz konzertierte 1842 anlässlich der Einweihung des Denkmals für den Vater in Salzburg. Und Chopin nächtigte dereinst einen Steinwurf entfernt im Hotel Goldenes Schiff, heute die Hypo am Residenzplatz.
Klangliche Unterschiede dazu demonstrierte dann Zvi Meniker am Nachbau eines knapp nach Wolfgangs Tod in Wien entstandenen Fortepiano mit bereits sechs Oktaven Umfang. Beim Auftritt von Concerto Köln, einem der Höhepunkte der Veranstaltung, verstärkte er damit auch das Continuo.
Das Originalklang-Orchester stimmte sich mit den vier jugendlich inspirierten Sätzen der Sinfonie in Es-Dur KV 45b für den Auftritt der Sopranistin Tehila Nini Goldstein ein: Die in den USA geborene Gewinnerin der Tel Aviv Music Academy Competition kostete unter anderem die für Josefine Duschek entstanden anspruchsvoll großen Szenen Ah, lo previdi – Ah,t’invola agl‘ occhi miei KV 272 und Bella mia fiamma – Resta, o cara KV 528 in allen virtuosen und tragisch dramatischen Facetten voll aus.
Diese gut halbe Stunde Gesangskultur auf höchstem Niveau beschloss die nervig ausgeführte Sinfonie g-Moll KV 183, die solcherart ihrem Beinamen „klein“ absolut widersprach.
Am Nachmittag dann der Konzertmeister von Concerto Köln, Evgeny Sviridov, im Duo mit Zvi Meniker am Hammerflügel. Die beiden demonstrierten in früher gebräuchlich tieferer Stimmung an der Violinsonate B-Dur KV 484, wie anders heutige Instrumente klingen, in Händen n in Händen des aus dem Mozarteum hervorgegangenen Pianisten Dejan Lazić und des Geigers Mark Gothonis mit Vibrato-angereicherter Attacke.
Während im Kaisersaal „Mozart und Jedermann“ zu aktivem Tun aufforderten und im Carabinierisaal mit Verena Brunner getanzt wurde, erklangen im Rittersaal Raritäten: Zwei Divertimenti für die von Mozart geliebten Bassetthörner aus KV 346 (439b), gefolgt durch sechs Nonetti zusammen mit Sopranduo und Bass.
Begeistert wurde der Schlusspunkt aufgenommen, Le Nozze di Figaro als „Oper im Taschenbuchformat“. Die wichtigsten Arien wurden auch Italienisch und auch auf Deutsch gesungen, der Bratschist und musikalische Leiter der Fischer-Stiftung Johannes Erkes führte durch die Handlung. Dekoration gab's keine. Die auf Streichquartett und Ziehharmonika reduzierte, also minimale Orchesterassistenz erwies sich als durchaus stimmig und belastungsfähig. Samt und sonders jugendlich und ambitioniert die wenigen Protagonisten, wie der ausgezeichnete Figaro von Torsten Frisch, Yvonne Prentki (Susanna) oder Laure Cazin (Cherubin).