Frische Winde, nicht nur aus Frankreich
MOZARTWOCHE / LES VENTS FRANCAIS
29/01/16 Mozart, natürlich – aber davor eine packende Entdeckungsreise in unbekanntere Gefilde. „Les Vents français“, die diesmal flötenlosen Elitebläser und Pianist Éric Le Sage gaben am Donnerstag (28.1.) nachmittags im Solitär ein im besten Sinne unterhaltsames und erhellendes Konzert.
Von Gottfried Franz Kasparek
Was hört man schon im Konzertalltag von Carl Reinecke außer der „Undine“-Flötensonate? Von 1824 bis 1910 hat er gelebt und als Dirigent, Mozart-Interpret am Klavier und Lehrer war er eine Größe seiner Zeit. Bis ins hohe Alter unermüdlich, komponierte er an die dreihundert Stücke für verschiedenste Besetzungen. Er hatte kein Problem damit, als Eklektiker zu gelten. Über seine Vorbilder Schumann und Mendelssohn ging er harmonisch kaum hinaus. Und doch hat seine Musik eigenen Reiz, denn er verfügte über eine melodische Begabung erster Klasse. Seine Lyrismen, seine hymnischen Aufschwünge können verzaubern. Dafür ist das Trio für Oboe, Horn und Klavier ein schönes Beispiel. François Leleux, Radovan Vlatkovič und Éric Le Sage spielten das mit Brillanz und Gusto – ein überzeugendes Plädoyer für einen Vernachlässigten.
Bekannter ist das Trio pathétique von Michail Ivanowitsch Glinka. Der Schöpfer der russischen Nationalmusik war mit Rossini und Donizetti gut bekannt. Dem Trio merkt man kaum Russisches, dafür das Studium der Belcanto-Oper an. Derart edle Kantilenen für Klarinette und Fagott sind selten. Paul Meyer und Gilbert Audin widmeten sich dieser Kammermusik-Oper mit Hingabe und samtweichen Tönen, vom Pianisten herzhaft unterstützt und in den Ecksätzen auch dramatisch aufgeladen.
Wahre Preziosen sind die Bläserstücke, die der enorm selbstkritische Henri Dutilleux in jungen Jahren geschrieben und gottlob nicht vernichtet hat. In „Sarabande et Cortége“ für Fagott und Klavier von 1942 zeichnet sich schon deutlich der kommende Meister neu-impressionistischer Farben und kunstvoll verschränkter Formen ab. Die Oboensonate aus dem Jahr 1947 ist charmante, sehr französische, sehr sensible Musik. François Leleux hatte keine Probleme mit der geforderten Virtuosität und Klangpracht. Launig kündigte er an, auf den dritten Satz zu verzichten. Denn den habe Dutilleux so gar nicht gemocht. Dies ist freilich eine Meinung, welche so manches wertvolle Stück aus dem Repertoire verbannen würde …
Nach der Pause ging es dann mit gediegener Musizierlust zur Mozart-Sache, natürlich zum Es-Dur-Quintett KV 452. Gepflegter, feinfühliger, klarer kann man das nicht spielen als „Le Vents français“ und Monsieur Le Sage. Da saßen alle Pointen und strömte feine Poesie. Wie nicht anders zu erwarten, endete das pausenlose Konzert im Jubel des Publikums, welcher mit dem schlackenlos vorgetragenen Andante cantabile aus Beethovens op. 16 gebührend belohnt wurde.