Mozarts edles Werkzeug
MOZARTWOCHE / MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE, MINKOWSKI
28/01/14 Kostbares Gerät für den Konzertmeister der Musiciens du Louvre Grenoble und für den sonst im Continuo tätigen Pianisten dieses Ensembles: Im Mozartwochenkonzert an Mozarts 259. Geburtstag spielten Thibault Noally auf der Costa-Violine und Francesco Corti auf dem Hammerklavier – beides Instrumente, die Mozart in seinen Wiener Jahren gehörten.
Von Reinhard Kriechbaum
Nicht, dass diese Instrumente gar nie sonst erklängen in Salzburg – aber das sind dann meist Solo- oder Sonaten-Recitals. Als „Konzertinstrumente“ im Dialog mit dem Orchester bedeutete die Begegnung am Dienstag für viele Mozartwochen-Besucher Neuland. Man solle sich einstellen auf Töne „aus einer anderen Welt“, gab Dirigent Marc Minkowski den Hörern mit auf den Weg.
Für den Walter-Flügel, gebaut um 1782, gilt das gewiss. Der tendenziell dünne, obertonreiche Klang von einer Art, die dem Cembalo-Rasseln fast noch fast näher liegt als dem heutigen Klaviertimbre, ist per se eine Herausforderung vor 800 Zuhörern. Dass man gerade das durch und durch lyrisch grundgestimmte Konzert in A-Dur KV 488 wählte (das in der Beliebtheitsskala der Interpreten weit hinter den Schwesterwerken in Es-Dur und c-Moll rangiert), war vielleicht ein Tribut an die Leisheit des Instruments. Viel Schönes in den Dialogen mit den am Fußende des Klaviers rechts vorne platzierten Holzbläsern (vor allem den Klarinetten), sonst eher keine idiomatisch auffälligen Äußerungen der „Musiciens die Louvre Grenoble“.
Was den Pianisten Francesco Corti und den Geiger Thibault Noally verbindet: Beiden hörte man allzu deutlich an, dass das Solokonzert-Spielen nicht zu ihrer Alltagsbeschäftigung rechnet. Etwas mehr Selbstbewusstsein hätte man beiden gewünscht. Die tönende Mozart-Devotionale in den Händen bzw. unter den Fingern allein bringt’s nicht. Das gilt vor allem für den Geiger, der viel mehr auf Kollegialität im Zusammenspiel als auf Profilierung baute. Das Konzert A-Dur KV 219 wirkte so über-lieblich wie endlos.
Eine italienische Meistergeige (Costa war ein Instrumentenmacher im Friaul in der Tradition der Amati) ist wesentlich weniger exotisch auf den Podien als ein Hammerklavier. Die Geige war (im Gegensatz zu diesem) in der Mozart-Zeit ein ausgereiftes, bis heute nicht mehr grundsätzlich verändertes Ton-Werkzeug: Das darf nicht nur nach Samthandschuhen klingen…
Aber das eigentliche Interesse beanspruchte an diesem Konzert mit Überlänge ohnedies Schubert. Fein, dass die Mozartwoche in derzeitiger Ausrichtung vermittelt, dass es außer vom Genius loci auch andere ziemlich gute Musik gibt. Zum Beispiel die Große C-Dur-Symphonie D 944: Da war Minkowski, waren die Musiciens du Louvre ganz in ihrem Element. Trotz ansehnlicher Streicherbesetzung (je zehn Erste und Zweite Violinen) lässt Minkowski akkurat darauf hören, was in den hinteren Reihen des Orchesters passiert. Die Bläser-Farbe als Klangkrone oder zumindest als Farb-Spender war für diese Interpretation das Entscheidende. Jede der so oft variierten Motiv-Varianten ward da jeweils aufs Neue und mit Delikatesse ausgehorcht. Wie zart kamen doch, nach der großen Steigerung im zweiten Satz, die Pizzikati, die den Gesang der Celli und der Solo-Oboe unterfüttern!
Die Darmsaiten machen’s aus: Ginge die gleiche Zahl an Streichern mit so viel Energie auf modernen Saiten ran, würde man rein gar nichts mehr hören von den Bläsern. Gerade darauf setzten Minkowski und sein auffallend gelöst und lustvoll agierendes Orchester. So durfte schon manche Stelle so recht effekthascherisch daher kommen. Kurzweil war angesagt, und das ist in der Großen C-Dur-Symphonie so selbstverständlich nicht.
Zehn nach zehn erst war’s aus, und da standen unten im Foyer des Mozarteums schon jene Leute Schlange, die sich am späten Abend noch das Jugendorchester aus Kuba mit anschließender Fiesta im Wiener Saal geben wollten. Man ist gut ausgelastet an einem Mozart-Geburtstag in Salzburg.