Die Bartoli bleibt die Bartoli
MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER
01/02/21 Was haben wir gelernt aus den ersten zwanzig Minuten des am Sonntag (31.1.) abends gestreamten Mozartwochen-Konzerts der Wiener Philharmoniker? Cecilia Bartoli könnte in einer Rumpelkammer singen – und es wäre trotzdem ganz, ganz fein, sie zu erleben.
Von Reinhard Kriechbaum
Warum uns das Wort Rumpelkammer einfällt ausgerechnet vor dem Goldgefunkel im Großen Saal des Mozarteums? Es ist in Konzerten ja oft so, dass einzelne Werke kleiner besetzt sind als andere. Dann bleiben eben ein paar Sessel und Notenpulte frei. Nicht weiter schlimm. Das ist besser, als dem Publikum lange Umbaupausen zuzumuten.
Nun war es freilich so: Die zehn Konzerte der digitalen Mozartwoche waren allesamt nicht live, sondern wurden vorher aufgezeichnet. Wäre es da nicht – gerade beim Konzert der Wiener Philharmoniker unter Barenboim und mit Cecilia Bartoli als Solistin – nett gewesen, ein bisserl aufzuräumen?
Für Rezitativ und Arie Ch’io mi scordi di te? – Non temer, amato bene KV 505 braucht man zum Beispiel keine Pauken. Zwei unbenutzte Kesselpauken und mehrere unmotiviert da stehende Notenständer waren jedenfalls ein sehr eigenartiger Hintergrund für die Sängerin. Ist das der Bildregisseurin Elisabeth Malzer nicht aufgefallen?
Aber die Bartoli ist die Bartoli, und so können wir berichten, dass die beiden Arien (die zweite war Vedrai, carino der Zerlina aus dem Don Giovanni) trotzdem die stärksten zwanzig Minuten waren im Stream. Die Bartoli bleibt eben die Bartoli.
Die Wiener Philharmoniker haben derzeit für einige Jahre eine gewisse Barenboim-Lastigkeit bei der Mozartwoche. Meist dirigiert er selbst (wenn nicht, nominiert er einen jungen Kollegen).
Das kann man gut finden, aber es hätte schon die Vielfalt auch etwas. Natürlich sind Barenboim als Pianist die Klavierkonzerte ein Herzensanliegen. Im einschlägigen Mozart'schen Oeuvre ist jenes in c-Moll KV 491 nicht nur jenes mit der reichsten Bläserbesetzung, auch in der Form greift es deutlich über das hinaus, was damals Norm war. Barenboim hat als Solist sehr auf lyrische Rundung gesetzt (muss nicht sein, ist aber möglich) und hat sich im übrigen nicht eingemengt ins Geschehen. Das Ergebnis: drei Gute-Nacht-Sätze, nicht wirklich verschlurft, aber auch alles andere als auf den Punkt musiziert.
Dann Barenboim am Pult, für die Prager Symphonie D-Dur KV 504. Da war der emotionale Kosmos doch deutlicher ausgeschritten, wenn auch nicht ausgereizt. Und es entstand ein schöner Programmzusammenhalt, denn alle Werke des Abends entstammten dem Jahr 1786 – was sich da im Vorfeld des Don Giovanni (der wurde im Jahr darauf in Prag uraufgeführt) an intensivem Ausdruck zusammenballte!