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Einsame, nein: zweisame Altersklasse

MOZARTWOCHE / ARGERICH & BARENBOIM

31/01/21 Es tut sich ein singulärer musikalischer Horizont auf, wenn Martha Argerich und Daniel Barenboim gemeinsam auf Mozart schauen: Sie beide haben ja als unter Zehnjährige schon ihre ersten Konzerte gegeben (und von Anfang an war Mozart dabei). Da sind also gut 140 Erfahrungs-Jahre beisammen.

Von Reinhard Kriechbaum

Weil Martha Argerich und Daniel Barenboim unterdessen als Klavierduo in einer wirklich einsamen Altersklasse spielen, darf man getrost uncharmant sein. Sie wird heuer im Juni achtzig Jahre alt, er im November neunundsiebzig. Solchen Musikern macht man nichts vor und vor allem brauchen sie nichts vorzumachen. Sie müssen sich und ihren Zuhörern nichts mehr beweisen. Mit ihrer beidem Mozart-Verständnis geht man nicht mehr irgendwelchen interpretatorischen Zeitströmungen auf den Leim, und schon gar nicht spekuliert man mit irgendwelchen Effekten (die Hauptkrankheit so mancher Klavierduos).

Zwei Mozart-Weise, die in sieben Jahrzehnten kaum an Fingerfertigkeit eingebüßt haben, gehen also unbeirrt auf den Kern der Sache zu. Dabei sind Martha Argerich und Daniel Barenboim durchaus von verschiedenen Lehrern, auch von unterschiedlichen Karriere-Erfahrungen geformt, aber sie haben eben auch eine kontinuierliche Duo-Erfahrung angehäuft. Über Wegstrecken und Zeitläufte, die sich jüngere Musiker eigentlich kaum vorstellen können, hat sich so Vertrautheit mit der Materie und miteinander entwickelt, ohne dass Kanten abgeschliffen worden wären. Es blitzt gar – das bestätigte sich in ihrem gemeinsamen Beitrag zur virtuellen Mozartwoche wieder einmal aufs Schönste – immer wieder juveniler Überschwang, in manchen spritzigen Formulierungen gar Schalk auf. Was einem zu Argerich & Barenboim deshalb als Allerletztes einfallen würde, sind Begriffe wie altersweise oder gar abgeklärt.

Im Stream, der am letzten Tag dieser in den Streaming-Fluss geworfenen Mozartwoche kurioserweise das Vorabendprogramm bildete (am Sonntag 31.1. um 18 Uhr ging's online), haben sie immerhin die Schwergewichte des vierhändigen Repertoires von Mozart hören lassen: Vor allem die Sonate F-Dur KV 497 – „auf 4 Hände“ notierte Mozart in sein Werkeverzeichnis – ist ein sehr komplexes, im Formalen aus allen Schemata ausbrechendes Stück. Da ließ schon aufhorchen, wie lustvoll-gezielt die beiden in der langsamen Einleitung zum ersten Satz gleichsam falsche Fährten legten. Genau mit diesen leichten Irritationen, uneingelösten Erwartungen spielte Mozart auch im Folgenden. Bloß nichts zerreden angesichts dieser Interpretation, die das Komplexe eben nicht simplifizierend vermittelt, sondern die Zuhörer hineinzuziehen vermag. Da ist das Medium, in dem Fall also die Übermittlung im Stream, plötzlich ganz nebensächlich.

Die beiden vierhändigen Sonaten C-Dur KV 497 und F-Dur KV 497, das kleine, nur an der Oberfläche „verspielte“ Andante G-Dur mit fünf Variationen KV 501 und schließlich die Sonate für zwei Klaviere D-Dur KV 448, die Mozart für sich und seine Spitzen-Schülerin Barbara Josepha

von Auernhammer für ein gemeinsames Konzert „express dazu Componirt“ hat: Da waren also die Spitzenwerke für zwanzig Finger aus den 1780er Jahren beisammen – in Referenzaufführungen.

Übrigens: Den Zirkus mit Pseudo-Auf- und Abtritt machten Argerich & Barenboim nicht mit. Die Streaming-Konzerte sind nicht live, sondern Aufzeichnungen. Das Studio ist eben der Große Saal des Mozarteums. Auch diese Verweigerung gegenüber einem „vorgespielten“ Auftritt ist Größe...

Der Termin der Ö1-Ausstrahlung steht noch nicht fest, es soll Anfang März sein – mozarteum.at
Bilder: Filmstills

 

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