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94 Sekunden und noch eine gute halbe Stunde

KULTUR – VIRTUELL

27/01/21 Er war 21 Jahre alt, als er 2015 den Ersten Preis beim Internationalen Chopin Wettbewerb abräumte. Danach dauerte es nicht lang zum Vertrag bei der Deutschen Grammophon. Auch wenn die Branche eigentlich am Boden ist, nach wie vor ein Ritterschlag. Bei der digitalen Mozartwoche hebt Seong-Jin Cho ein 94 Sekunden kurzes Klavierstück von Mozart aus der Taufe.

Von Reinhard Kriechbaum

Heute Mittwoch (27.1.), an Mozarts 265. Geburtstag, ist es im Großen Saal des Mozarteums so weit. Wie kommt das tänzerische Allegro KV 626b/16 zu einer Nummer im (grundsätzlich chronologisch geordneten) Köchel-Verzeichnis noch nach dem Requiem? Dort sind jene Stücke gelistet, von deren Existenz man aus Verkaufs- und Versteigerungskatalogen wusste, deren Verbleib aber rätselhaft war.

Besagtes bisher – jedenfalls in neuerer Zeit – unaufgeführtes Klavierstück ist also, ungeachtet der hohen Köchel-Nummer, keineswegs ein Spätwerk. Mozart hat es vermutlich als Siebzehnjähriger 1773 am Ende seiner dritten Italienreise oder unmittelbar nach der Rückkehr nach Salzburg aufgeschrieben. Das Autograph hat die Stiftung Mozarteum Anfang 2020, noch vor der Coronakrise aus Privatbesitz erworben.

Robert Levin hätte es eigentlich aus der Taufe heben sollen, aber nun ist die Mozartwoche ja digital geworden und alles anders. Also wird heute um 18 Uhr der virtuelle Vorhang hochgehen – und da sitzt einer am Klavierstockerl, der gerade ganz steil in den Karrierehimmel geschossen wird. Seong-Jin Cho wurde 1994 in Seoul geboren, er studierte dort und in Paris. Seit einiger Zeit lebt er in Berlin. Eine Asien-Tournee 2017 mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle – als Einspringer für den erkrankten Lang Lang – war seiner Karriere mindestens so zuträglich wie der Wettbewerbssieg in Warschau und zuvor ein Dritter Preis beim Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau.

Natürlich bleibt es im Stream auf Fidelio heute Mittwoch um 18 Uhr nicht bei 94 Sekunden Mozart. Das Recital, in dem auch der Musikwissenschafter Ulrich Leisinger allerlei erklären und Rolando Villazon als Moderator für Mozart-Frohsinn sorgen wird. Sie wissen schon, Mozart lebt...

Ein kleiner Vorgeschmack: Für einen Imagefilm der DGG hat Seong-Jin Cho im Wiener Saal zwei Sätze von Mozarts Klaviersonate F-Dur KV 332 aufgenommen. Dieses Stück erklingt im heute gestreamten Konzert als erstes. Vielleicht nicht nach eines jeden Hörers Mozart-Gusto, bei Chopin ist Seong-Jin Cho wahrscheinlich besser aufgehoben: „Wenn ich spiele, versuche ich aufrichtig mit meinem Herzen zu spielen“, zitiert ihn die DGG im PR-Material zu einer 2018 erschienenen Mozart-CD, auf der er zwei Sonaten (auch KV 332) und das d-Moll-Klavierkonzert KV 466 mit dem Chamber Orchestra of Europe unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin spielt.

Seong-Jin Cho mit Mozarts Klaviersonate F-Dur KV 332 Das Programmheft zum heutigen Konzertstream (Mozartwoche digital), um 18 Uhr auf www.myfidelio.at

Bilder: DGG / Harald Hoffmann (1); Holger Hage (1); Filmstill (1)

 

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