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Eine Wunderwelt für Krisenfälle

MOZARTWOCHE / PUNKITITITI

27/01/20 Wer sagt, dass nur wir Menschen es schwer haben im Leben? Der Kleiderständer hadert mit sich und der Welt, weil er viel lieber eine Stehlampe wäre. Guter Grund, sich an der Brust eines Menschen so richtig auszuweinen. Pùnkitititi im Marionettentheater.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber freilich: Der Mann, der da mit seinem Hab und Gut (das in einem Koffer Platz hat) eingezogen ist ins Hotelzimmer, hat auch sein Pinkerl zu tragen: Die Zeiten, da er als Operntenor Liebhaberrollen verkörpert hat, sind offenbar vorbei, und seine Frau hat er auch eingebüßt. Don Ottavio, der auf einer Wolke hereinschwebt, ist bloß eine Erinnerung, wie auch andere Rollen. Jetzt ist Enrico (so heißt der Mann) von der Rolle, klettert gar übers Balkongeländer. Aber da fällt ein Vogel vom Himmel und will erst reanimiert sein.

Auch die Dingwelt in diesem wundersamen Hotelzimmer wird lebendig und baut dem drohenden Suizid des von krisengebeutelten Gastes mit emsiger Betriebsamkeit vor: Hüte und andere Kopfbedeckungen treiben ein gar frivoles Spiel rund um Enricos Kopf. Da bleibt nicht viel Gelegenheit, Trübsal zu blasen. Der Kleiderständer ist zwischendurch ja auch zu trösten. Und weil leuchtende Sterne vom Himmel purzeln, findet Enrico sogar einen überraschenden Weg, den Kleiderständer im Hand-, genauer: im Papierkorb-Umdrehen tatsächlich in eine Leuchte zu verwandeln.

Dem Amerikaner Doug Fitch ist als Regisseur und Puppenerfinder ein gleichermaßen poetisches wie von slapstickhaftem Humor durchzogenes Siebzig-Minuten-Stück für die Marionettentheaterbühne und seine perfekte Fädenzieher-Crew eingefallen. Ein Hemd, das auf dem Kleiderbügel hereinschwebt und sich selbst wie frisch gebügelt zusammenlegt und im Koffer verstaut – kein Problem an diesem magischen Ort. Der Schauspieler und Pantomime Geoff Sobelle ist der Midlife-Crisler, der hineingezogen wird in ein Wunderland der animierten Alltagsgegenstände.

Pùnkitititi ist eine Mozartwochen-Produktion, und deshalb passiert das alles (auch) zu Musik von Mozart: Der Geiger und Kopmponist Florian Willeitner hat dazu die nur fragmentarisch erhaltene Faschingspantomime Pantalon et Colombine KV 446 und die Ballettmusik Les petits riens KV 299b durch die Mangel gedreht, gesetzt für zwei Violinen, Kontrabass, Trompete, Gitarre und allerlei Schlagwerk. Das kommt deftig und grell daher (Pool of Invention heißt Willeitners Ensemble, in dem er selbst die Erste Geige, aber bei Bedarf auch Souldfiddle und Mandoline spielt.

Bei Mozart bleibt es nicht, denn was gibt es besseres für die Seele, als auf Reisen zu gehen. Und dafür braucht's heutzutage nicht den Finger auf der Landkarte, sondern einen Laptop. Damit sucht sich Enrico sich seine Ziele, die von der Musik und den Puppenanimateuren nach Kräften folkloristisch ausgemalt werden.

Ach ja, dann steht auch noch ein ungebetener Gast vor der Tür... aber alles wollen wir nicht ausplaudern. Auch nicht, warum der Gast, schon unterwegs zu neuen Ufern, doch noch auf ein Frühstück im Hotel bleibt. Aber wie es zum Titel Pùnkitititi kommt, das verraten wir: Diesen Spitznamen hat Mozart sich selbst in einem Brief an seinen Freund Gottfried von Jacquin gegeben.

Weitere Aufführungen am Freitag (31.3.) um 19.30 Uhr und am Sonntag (2.2.) um 15 Uhr im Salzburger Marionettentheater – www.mozartwoche.at 
Die Aufführung am 2. Februar um 15 Uhr wird live übertragen auf www.fidelio.at 
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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