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Ein lauwarmes Tröpferlbad

MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / BARENBOIM (1)

26/01/20 Klar, dass Mozart sich wundern würde, hörte er seine Musik von einem heutigen Orchester gespielt. Aber geradezu perplex wäre er vermutlich, hörte er seine Hornkonzerte so, wie Radek Baborák das Es-Dur-Konzert KV 447 am Samstag (25.1.) im Großen Festspielhaus hat hören lassen.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein Horn zur Mozart-Zeit: Das hatte ja mehr Wesensverwandschaft mit einem Gartenschlauch, auf dem sich bekanntlich auch Töne produzieren lassen. Keine Ventile, für einen Tonartwechsel wurden Rohr-Bögen unterschiedlicher Länge einfach dazugesteckt. Das brachte in der Obertonreihe erhebliche Klangfarbenunterschiede mit sich. Raffinierte Alt-Töner „spielen“ mit diesem – zugegeben gewöhnungsbedürftigen – Sound und führen vor, wie Mozart seinerseits gespielt hat mit solchen Optionen zwischen Klang und Geräusch.

Eine andere Welt, wenn ein Solist wie Radek Baborák, technisch absolut state of the art, auf einem modernen Horn zu Werke geht. Da scheint alles möglich, und das Blasinstrument kann den Dialog mit den Streichern aufnehmen, egal wie leise deren Angebote sind. Mit traumhaftem Ansatz und feinstem Lineament unterbot Baborák gar noch die Piani der Wiener Philharmoniker. Das ist wie Singen, nicht wie Blasen, perfektionistisch in der Tonbildung und im Lagenausgleich, dabei fantasiereich im Aufgreifen und Weiterreichen melodischer Linien. Keck ließ der Solist in der breit angelegten Kadenz zum ersten Satz die Ergüsse in tiefe zweistimmige Akkorde münden.

Wenn man also Mozarts Hornkonzerte, die Möglichkeiten eines heutigen Instruments nutzend, spielt – dann bitte genau so. Baborák ist nicht nur Hornist, sondern auch rege als Dirigent, und diese größere Perspektive hat man der Wiedergabe angemerkt. Der Programmpunkt passte gut in die diesjährige Salzburger Mozartwoche, in der ein Akzent auf Mozarts Bläsermusik liegt. Weitere Hornwerke wird Radek Baborák in der Matinee mit der Camerata Salzburg am kommenden Freitag (31.1.) hören lassen.

In der Mozartwochen-Intendanz von Rolando Villazón baut man auf fünf Jahre hinsichtlich der „Philharmonischen“ ganz auf Daniel Barenboim. Er dirigiert jeweils zwei der drei Konzerte der Wiener Philharmoniker, und immer ist auch ein Klavierkonzert dabei. Diesmal das d-Moll-Konzert KV 466. Zehn Mal Mozart unter und mit Barenboim, das geht rein wie Butter, und das dürfte auch einer merkantilen Überlegung geschuldet sein. Viele der Unternehmungen von Villazón in diesen zehn Tagen sind in kleinen Räumen, also per se – auch wenn bis zum letzten Platz gebucht – keine Verkaufsschlager. Da sind Barenboim und die Philis im Großen Festspielhaus eine Beruhigung fürs Budget und für die Ohren des Publikums, das sich auf ein Musizieren ohne jede Art von Irritation, auch ohne marginale Aufregungen verlassen kann. Das Orchester, gutwillig Barenboims humanistisch-glättenden Vorgaben folgend, gibt sein Schönstes an den Streicher- und Bläserpulten, und so floss, tröpfelte, schmeichelte sich schon die eröffnende Symphonie B-Dur KV 319 mehr als angenehm in die Ohren. Ein Werk, in dem Mannheimer Geist auf neue Weise eingefangen ist? Das Idiomatische dieses Stücks ließ Barenboim nicht einmal erahnen. Und auch im Klavierkonzert dann: pure Lauterkeit, von Lyrik veredeltes Ebenmaß. Ein lauwarmes Mozart-Tröpferlbad, angenehm zu spüren auf der Haut.

Hörfunkübertragung am 2. Februar um 11.03, Ö1
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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